■ Radio-Bremen-Boß: Onkel oder MS-Null?
Große Onkels haben in Bremen derzeit gute Karrierechancen. Michael Schmid-Ospach, stellvertretender Direktor und Kulturchef beim WDR-Fernsehen, ist so einer und soll Radio Bremen (RB) ab Mai als neuer Intendant aus der Krise führen. Der Rundfunkrat wählte den 53jährigen am Mittwoch einstimmig zum Nachfolger des aus seinem Vertrag gekickten Karl- Heinz Klostermeier. Damit folgte das Gremium dem Vorschlag einer Findungskommission, die den Sozialdemokraten wohl mit Unterstützung aus dem Bremer Rathaus auf den Schild gehoben hatte. Gute Onkels braucht der kleinste ARD-Sender dringend, wenn im Oktober die MinisterpräsidentInnen der Länder über die Zukunft des ARD-Finanzausgleichs entscheiden, aus dem RB mit rund 80 Millionen Mark knapp die Hälfte seines Etats erhält. Ab 2001 möchte man den Geldhahn am liebsten ganz zudrehen, wahrscheinlicher sind vorerst nur Kürzungen. Für RB hieße das: mindestens 30 Millionen Mark weniger pro Jahr. Auf diesen Ausgang stellt sich auch Schmid-Ospach ein. „Der Druck kommt von außen“, beschreibt der im WDR von Freunden MSO und Feinden MS-Null genannte designierte RB-Intendant die Situation. Ferndiagnosen über den Sender lehnt er ab. Doch er verweist „auf selbstkritische Berichte“ und meint damit das Papier einer senderinternen Zukunftskommission, die eine teils vernichtende Bestandsaufnahme geleistet und das Direktorium als tief zerstrittenen Haufen beschrieben hatte. Bis Mai hat er Zeit, sich ein neues Direktorium zu suchen. Aber erst im Herbst wird sich entscheiden, ob Schmid-Ospach als Sanierer oder Erneuerer des BR tätig werden muß. „Wenn die Not da ist, müssen alle zusammenrücken“, sagt er und zeigt, daß er durchaus als Sparkommissar auftreten wird. Schnell war WDR-Intendant Pleitgen mit einem Kommentar: „Wir halten Radio Bremen in der föderalen deutschen Rundfunklandschaft für unverzichtbar“, sagte Onkel Fritz und bezeichnete Schmid-Ospachs Wechsel nach Bremen als Gewinn für die ARD und Verlust für den WDR. ck
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