: Olympiareif gespart
■ GEW kritisiert Umwidmung von 116 Stellen zu Gunsten des Schulsports
Auf breite Ablehnung stoßen die Pläne der Schulbehörde, 116 Stellen für Teilungs- und Differenzierungsstunden dem Schulsport zu widmen. Wie die Antwort auf eine Anfrage der GAL ergab, soll auf diese Weise nach den Sommerferien die dritte Sportstunde realisiert werden.
„Das ist ein Fußtritt für die Leistungsschwachen“, sagt GEW-Chefin Anna Ammonn. „Gerade Pisa hat bescheinigt, dass sich ein Viertel der Schüler am Rande des Analphabetentums bewegt. Und da hat der Senator nichts anderes zu tun, als Förderstunden zu streichen.“ Nach Ammonns Berechnungen gehen durch die dritte Sportstunde jeder Schule rund zehn Teilungsstunden verloren. Stunden, die auch für den Fachunterricht in Fächern wie Chemie, Physik und Fremdsprachen dringend benötigt würden.
„Pisa zeigt, das in Deutschland die Qualität von Bildung verbessert werden muss“, sagt Sabine Bick von der Elternkammer. „Wenn nun am Förderunterricht gespart wird, kann Schulbildung nie im internationalen Wettbewerb Medaillen gewinnen. Oder soll die 3. Sportstunde unsere Kinder olympiareif machen?“ Wenig praktikabel sei zudem die Extra-Sportstunde für 1. Klassen: „Die Kinder brauchen so lange zum Umziehen, dass für Sport keine Zeit bleibt.“
„Mehr Sport, das lässt sich nach außen gut verkaufen“, sagt auch Arno Becker vom Deutschen Lehrerverband. „Dies auf Kosten der Teilungsstunden zu machen ist aber absolut inakzeptabel.“ So würden diese Stunden in der Grundschule heute benötigt, die Verlässlichkeit bis 13 Uhr aufrecht zu erhalten. Becker: „Da ist alles ausgereizt, es gibt keine Reserven. Die Politik muss so ehrlich sein, das einzugestehen“. Beckers Prognosen sind noch düsterer. So sei geplant, der Pensionierung von über 2000 Lehrern bis 2005 nur 400 Neueinstellungen folgen zu lassen. Becker: „Das gibt eine Katastrophe.“
„Es geht nicht darum, alle Förderstunden aufzuheben“, beschwichtigt dagegen Behördensprecher Hendrik Lange. Der Fachunterricht würden zudem vom städtischen Investitionsprogramm profitieren, das auch eine Renovierung von Physik- und Chemieräumen vorsehe. Kaija Kutter
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