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Olympianacht in RioDie Rechnung kommt später

Die Athletin der Nacht ist nicht einmal mehr aktive Sportlerin und Michael Phelps überrascht uns: er holt kein Gold beim Schmetterling.

Gong Jinjie und Zhong Tianshi mit ihren tollen Helmen Foto: reuters

Der Wettkampf der letzten Nacht: Der britische Radsportadlige Sir Bradley Wiggins und seine drei Mitstreiter waren sich ganz sicher, dass sie für Großbritannien Gold in der Mannschaftsverfolgung über 4.000 Meter auf der Bahn gewinnen würden. Und einen neuen Weltrekord erwartete sowieso jeder von dem Team um den Superradler, der schon vier olympische Goldmedaillen hatte, bevor er nach Rio de Janeiro geflogen war. Aber da war ja auch noch ein Gegner im Finale – das Team Australiens. Und das führte fast das ganze Rennen über.

Weil beiden Australiern aber früh der erste Fahrer den Anschluss an seine Radsportgruppe verloren hatte, gingen kurz vor der letzten Runde die Briten in Führung. Am Ende hatte der britische Vierer seinen erwarteten Weltrekord (3:50,265 Minuten) und Bradley Wiggins seine fünfte Goldmedaille. Was kann jetzt noch kommen für den Sieger der Tour de France 2012? Sir ist er ja schon. Seine Königin könnte ihn zum Baron machen. Wir sind gespannt.

Die Kuriosität der Nacht: Die Helme der chinesischen Bahnsprinterinnen. Die Damen Gong Jinjie und Zhong Tianshi hätten das Finale gegen Russland vielleicht auch gewonnen, wenn sie nicht diesen superwitzigen Kopfschutz getragen hätten. Die auf den Helmen aufgemalten Puppengesichter über den Radlerinnengesichtern haben gar lieblich ausgesehen. Und so gibt es beinahe jeden Tag ein Detail zu entdecken an den Kleidungs- und Ausrüstungsgegenständen der Athleten. Ist schon jemandem aufgefallen, dass Deutschlands Golfer Martin Kaymer und Alex Cejka in Polohemden von Hugo Boss spielen? Passt doch.

Athletin der letzten Nacht: Abby Wambach. Die langjährige Sturmführerin der US-Frauenfußballnationalmannschaft hat zwar Ende des vergangenen Jahres ihre Karriere beendet, war aber nach der Viertelfinalniederlage der USA gegen Schweden (3:4 im Elfmeterschießen) eine der meistgenannten Sportlerinnen auf Twitter. Die einhellige Meinung: Mit der 255-maligen Nationalspielerin wären die Weltmeisterinnen von 2015 nicht ausgeschieden. Die deutschen Frauen, die sich so unansehnlich durch die Vorrunde gerumpelt hatten, stehen nach einem 1:0 gegen China übrigens im Halbfinale und treffen da auf Kanada.

Athlet der letzten Nacht: Er ist seit 2010 ungeschlagen. Er ist Ritter der Ehrenlegion. Er ist mit seinem 2,04 Meter großen und überaus gut ausgestatteten Körper ein wahrer Prachtkerl. Teddy Riner, der Frankreichs Fahne bei der Eröffnungsfeier der Spiele ins Stadion getragen hat, ist der perfekte Judoka. Im Finale der Klasse der Kämpfer über 100 Kilogramm war er vom Japaner Hisayoshi Harasawa nicht zu schlagen. Wie vor vier Jahren in London holte der Mann, der 1989 in Guadeloupe geboren wurde, Gold.

Drama der letzten Nacht: Für Katinka Hosszú, die Ungarin, bei der sich viele nicht so recht erklären können, warum sie bei ihren Erfolgen über 400 Meter Lagen, 200 Meter Lagen und 100 Meter Rücken in Rio so überlegen war, lag die Goldmedaille über 200 Meter Rücken schon bereit. Sie führte das Rennen lange an. Doch am Ende, wie, das wissen die Beteiligten wahrscheinlich selbst nicht so genau, schlug die US-Amerikanerin Madeline Dirado als erste an. Unfassbar fanden das beide, die nur 6 Hundertstel getrennt haben. Beinahe unfassbar war auch das Ergebnis über 100 Meter Schmetterling. Hinter dem Sieger Joseph Shooling aus Singapur schlugen drei Schwimmer gleichzeitig an: Chad de Clos aus Südafrika, László Cseh aus Ungarn und: Michael Phelps. Auch dramatisch: die 91:94-Niederlage von Serbiens Basketballern gegen die USA. Hätte auch anders ausgehen können, das Spiel.

Schlussfolgerung der letzten Nacht: Die Russen dürfen nicht mitmachen bei den Leichtathletikwettbewerben, aber das Thema Doping konnte der Internationale Leichtathletikverband nicht von den Spielen suspendieren. Den irren Weltrekord über 10.000 Meter, den die Äthiopierin Almaz Ayana gleich zu Beginn der Wettbewerbe auf der Bahn aufgestellt hat, wird wohl niemand wirklich feiern wollen. Und wie lange der von einem Italiener trainierte Chinese Wang Zhen seine Goldmedaille, die er im 20 Kilometer Gehen gewonnen hat, wohl behalten wird, weiß auch keiner so ganz genau. Und das ist vielleicht das Schöne beim Thema Doping. Wie es wirklich ausgeht, weiß man oft erst lange nach dem Ende des Rennens. Olympia geht nach der Schlussfeier weiter. Für einen wahren Sportfan kann es doch nun wirklich nichts Schöneres geben.

Und sonst? „Streck dich der Goldmedaille entgegen mit deiner Isabell im Sattel“, rief ARD-Reporter Carsten Sostmeier dem Ross Weihegold zu. Der hat getan, wie ihm geheißen. Gold für die deutsche Dressur-Equipe mit Vorreiterin Isabell Werth, die nach ihrer sechsten Olympischen Goldmedaille mit Fug und Recht als die Michael Phelps der Reitsports bezeichnet werden kann. Die Tränen über die verpasste Finalqualifikation des deutschen Diskusheros Robert Harting, den ein Hexenschuss gehemmt hat, waren da längst getrocknet. Ach ja, Angelique Kerber steht im Finale des Tennisturniers, wo sie am Samstag auf Monica Puig aus Puerto Rico trifft. Das freut Sportdeutschland doch.

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