■ Olympia: Behindertensportler ausgewiesen
Jacques Suchet, Kämpfer für die Gleichstellung des Behindertensports, ist aus Norwegen ausgewiesen worden. Das Gastgeberland der Winterolympiade 1994 wollte nicht hinnehmen, daß er bei seinen Aktionen die fünf olymischen Ringe verwendet. Suchet ist in Norwegen ein bekannter Name, seit er Ende Oktober unter großer Presseaufmerksamkeit vor dem Hotel in Lillehammer demonstrierte, als dort IOC-Präsident Samaranch dinierte.
Der Franzose kann nicht verstehen, warum den Behinderten die Verwendung der fünf Ringe verwehrt ist, wenn sie ihre Paralympics, ihre eigenen olympischen Spiele, veranstalten. Die fünf Füße, die anstelle der fünf Ringe stehen, sind für Suchet diskriminierend. Ebenso die Weigerung des IOC, den Behindertensport unter dem Namen Olympias antreten zu lassen.
Samaranch hatte sich in Lillehammer Suchets Protest angehört, sich einen Protestbrief überreichen lassen und dessen Behandlung beim nächsten IOC-Kongreß versprochen. Suchet: „Samaranch müßte doch nur den ersten Artikel der Menschenrechtskonvention lesen. Wir sind alle gleich geboren, und das ist ja gerade die von Cobertin der olympischen Bewegung zugrundegelegte Idee.“ Nachhilfe in Sachen Menschenrechte empfiehlt Suchet, der gerade aus Norwegen ausgewiesen in Stockholm Station macht, auch der Regierung in Oslo: Er verkauft in seiner Werbeaktion für den Behindertensport eigene Abzeichen, die das Rollstuhlsymbol zusammen mit den fünf olympischen Ringen zeigen.
Er möchte auch, daß Behinderte bei der Eröffnungszeremonie im Februar 1994 in Lillehammer dabei sind. „In Barcelona wurde das olympische Feuer von einem behinderten Sportler entzündet. Das haben die norwegischen Organisatoren wohl noch nicht realisiert, denn ich bin nur auf riesiges Unverständnis gestoßen“, berichtet Suchet. Kein Verständnis und dazu die Ausweisung: Er habe keine Arbeitserlaubnis und dürfe daher in Norwegen keine Abzeichen für den Behindertensport verkaufen, so die offizielle Begründung aus Oslo.Reinhard Wolff
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