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Olympia und keiner geht hinGelbe Ochsentour

Leere Tribünen trotz ausverkaufter Stadien und ausgeschlossenen Fans: Merkwürdiges geschieht mit den Eintrittskarten für die Wettkämpfe.

Dass in Peking gerade die Olympischen Spiele stattfinden, merkt man den Tribünen nicht an. Bild: dpa

Eine halbe Stunde vor Beginn der Wettkämpfe im Fechten tummeln sich am Dienstagabend hunderte Menschen vor dem Olympiagelände, die noch Karten kaufen und verkaufen wollen. Offizielle Ticketkassen gibt es nicht, aber Männer und Frauen, die mit dicken Packen wedeln. "Gelbe Ochsen" nennt man solche Schwarzhändler in Peking, und hier sind nicht nur Chinesen, sondern ebenso viele Ausländer darunter.

"1.000 Yuan für das Finale der Männer im Fechten", preist ein Brite seine Tickets an. "Das ist sehr günstig, vor ein paar Minuten habe ich noch mehr dafür verlangt". Tausend Yuan sind knapp 100 Euro und zwanzigmal so viel wie der aufgedruckte Preis, also ein hübsches Geschäft. Einige Meter weiter verscherbelt ein älterer Chinese Handballkarten für 30 Euro. Ein paar Polizisten stehen am Rande und beobachten das Treiben, greifen aber nicht ein.

Der Schwarzhandel mit Eintrittskarten und die vielen leeren Plätze in den Stadien gehören zu den Merkwürdigkeiten dieser Spiele. Wenige Tage vor Beginn hatten die Organisatoren noch verkündet: "Alle 6,8 Millionen Tickets sind ausverkauft". Umso größer ist jetzt die Verwunderung, dass die Tribünen vielfach nur zur Hälfte gefüllt sind. Nur bei sehr populären Wettkämpfen wie dem Basketballspiel China - USA ist fast alles besetzt.

Der Vizepräsident des Pekinger Organisationskomitees, Wang Wei, kann es sich gestern vor Journalisten nicht erklären, was hinter den leeren Rängen der Hallen steckt, wo doch, wie er noch einmal bekräftigte, alle Veranstaltungen ausverkauft seien. Vielleicht, spekuliert Wang, habe "die Hitze, das schwüle Klima, der Regen" das Publikum abgeschreckt.

Die Sponsoren hätten zudem ihre Freikarten an Kunden und Freunde verteilt, die sich nicht unbedingt für Sport interessieren oder nicht extra für die weniger spannenden Vorrunden ins Olympische Viertel bemühen wollen, heißt es in Peking.

Vom blühenden Schwarzhandel mit den Karten habe er "eigentlich" noch nichts gehört, sagte Olympiafunktionär Wang etwas unbestimmt. Man werde sich aber drum kümmern. Die Polizei droht, wie chinesische Zeitungen berichten, den illegalen Ticketverkauf streng zu bestrafen und die Schwarzhändler zwei Wochen einzusperren.

Dabei hatte das chinesische Olympiakomitee ein kompliziertes System ersonnen, um zu verhindern, dass sich gewiefte "gelbe Ochsen" frühzeitig Karten sichern und sie später zu Wucherpreisen wieder verscherbeln. Es nützte nichts.

Als die letzten 250.000 Tickets Ende Juli ausgegeben wurden, kam es zu Tumulten, weil die Käufer bis zu zwanzig Stunden in der Hitze anstehen mussten, nicht mehr als zwei Karten pro Wettkampf erhalten sollten und vielfach ganz leer ausgingen.

In chinesischen Internetforen tobt derzeit die Diskussion über die möglichen Hintergründe des "Rätsels um die leeren Plätze und die hohen Schwarzmarktpreise". Er habe gehört, schrieb einer auf der Tianya-Webseite, "dass es viele Sammler gibt, die ihre Karten als Erinnerung behalten wollen und sich die Wettkämpfe ohnehin lieber im Fernsehen anschauen."

"Wer außerhalb von Peking wohnt und ein Ticket zu 100 Yuan (fast 10 Euro) bekommen hat, der bewahrt es sich doch lieber als Souvenir auf, als viel Geld für die Fahrt in die Hauptstadt auszugeben und dann auch noch das teure Hotel zu bezahlen", kommentierte ein anderer.

Dass die Tribünen bei den Wettkämpfen nicht noch leerer sind, verdanken Pekings Funktionäre und die Sportler den vielen Schulklassen und Behördenmitarbeitern der Hauptstadt, die auch kurzfristig mobilisiert und zu den Wettkämpfen geschickt werden können.

In rote, gelbe oder blaue Polo-Hemden gekleidet, mit Applaus-Zubehör wie großen Plastikhänden oder Luftklöppeln ausgerüstet, rufen sie ein ums andere Mal rhythmisch "Jia you!", was so viel wie "Vorwärts!" heißt, um Stimmung zu machen. Zum gestrigen Spiel der Hockeyteams aus den Niederlanden und Südkorea war die Hushan Mittelschule abgeordnet worden. "Wir applaudieren für alle", sagte eine Schülerin freundlich. JUTTA LIETSCH

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