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Olivetti-Pleite: De Benedetti schickt Gefolgsmann

■ Nach wenigen Wochen hat der Konzern den neuen Vorstandsvorsitzenden gefeuert. Trotz 440 Millionen Mark Verlusten erholen sich die Aktien erstaunlich

Rom (taz) – Was mit Olivetti derzeit vorgeht, behaupten Mailänder Börsianer, verstehe nur der vor zwei Wochen geschaßte Generalmanager Carlo De Benedetti und der liebe Gott. Tatsächlich läuft im Hause Olivetti und insbesondere bei der Superholding CIR, unter deren Dach der Elektronik- und Telekommunikationskonzern das vormalige Schmuckstück war, alles andersherum, als es die Marktgesetze vorsehen. Da stieg der Aktientitel, als die Schwierigkeiten des Konzerns bekanntwurden, aber sie fielen, als der Verantwortliche De Benedetti gefeuert wurde. Danach wurde bekannt, daß die Schulden noch größer sind, die Börsenleitung suspendierte den Titel – doch in Paris, wo CIR- Töchter weiter gehandelt wurden, stiegen die Kurse beträchtlich.

Schließlich ermittelte die Staatsanwaltschaft gegen De Benedetti und einige seiner Mitarbeiter wegen Bilanzfälschung. Aber statt dem wendigen „Condottiere“ (von den mittelalterlichen Söldnerführern übernommene Bezeichung für aggressive Manager) zu schaden, brachte es ihm erneut größten Einfluß auf die CIR und Olivetti – während der als Anti-Benedetti gefeierte neue Vorstandschef Francesco Caio nach nur zweieinhalb Monaten am Mittwoch seinen Hut nehmen mußte. Auch gegen ihn läuft inzwischen ein Verfahren. Der nun zum Chef ernannte Roberto Colannino gilt als strammer Gefolgsmann De Benedettis und steht einer neuen Gruppe vor, bei der der Ex-Olivetti-Chef an die 30 Prozent hält.

De Benedetti zeigt seither wieder das alte Selbstbewußtsein. Als ihn die Börsenaufsicht Anfang der Woche zur Rechenschaftslegung einbestellt hatte, weil so manches nach Verstoß gegen das Aktienrecht und dem Versuch eines betrügerischen Bankrotts aussah, kam De Benedetti zwar, beschied den Verhörenden jedoch: „Ich gebe keine Antwort auf die 16 von Ihnen formulierten Fragen. Denn das würde genau jene Schritte publik und damit zunichte machen, mit denen ich mein Unternehmen zu sanieren beabsichtige.“ Die Börsenaufseher waren sprachlos, ließen den Titel Olivetti wieder zu – und staunten Bauklötze, als dieser wieder nach oben schoß, ohne daß, so ein Börsianer – „auch nur ein Fünkchen Sanierung sichtbar geworden wäre“. Werner Raith

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