Olaf Lies, neuer Landeschef in Niedersachsen: "Die SPD ist eine Reformwerkstatt"
Den Weg in die Partei fand er erst spät, seit dem Wochenende ist Olaf Lies neuer Landesvorsitzender. Ihre größten Konflikte habe die SPD hinter sich, sagt er im taz-Interview. Nun gehe es wieder um Sachfragen. Der Basis will er auch in Zukunft zuhören.
taz: Herr Lies, wie halten Sie's mit der Linkspartei?
Olaf Lies: Momentan sind wir in der Opposition. Da gibt es keine Koalitionen, wie Sie wissen - und bis zu Wahlen, bei denen sich diese Frage stellen könnte, dauert es noch knapp zwei Jahre. Grundsätzlich halte ich für richtig, was Hannelore Kraft in Nordrhein-Westfalen gemacht hat.
Also: kurz links antäuschen und dann …
Unsinn: Entscheidend war, dass sie sich nicht auf Kontaktverbote eingelassen hat, die manche ihr gerne auferlegt hätten. Aus meiner Sicht gehört es sich für Demokraten, mit allen zu sprechen und die Positionen abzugleichen: Ob und wie weit sie miteinander vereinbar sind. Und das ist auch bei der Landtagsarbeit seit zweieinhalb Jahren gute Praxis.
Ein langer Zeitraum, wenn man bedenkt, dass Sie erst seit 2002 SPD-Mitglied sind. War es bei der Wahl ein Vorteil, dass sie nicht seit ewig-und-eins in den Führungsgremien sitzen - wo die Partei doch die Krise überwinden will?
Nein, das glaube ich nicht. Es war aber eben auch kein Nachteil. Es zeigt nur, dass eben das alte Klischee nicht stimmt: Dass man sich mit seinen Kompetenzen in die Partei erst einbringen könnte, wenn man zuvor zehn Jahre im Ortsverein Plakate geklebt hat. Persönlich hatte ich durch meine Gewerkschaftsarbeit immer eine große inhaltliche Nähe zur SPD.
Aber warum sind Sie erst so spät eingetreten?
Weil ich meine persönlichen Mitgliedschaften am eigenen Handeln festmache. Ich bin eingetreten, nachdem ich über die Liste der SPD in den Rat von Sande gewählt worden war: Da war mir für mich klar, dass ich eben auch in der Partei mitarbeiten wollte, über die ich das Mandat bekommen hatte.
Erstmals hat die Niedersachsen-SPD vor der Vorstandswahl ihre Mitglieder befragt. Auf 16 Regionalkonferenzen stellten sich Monika Griefahn, Olaf Schostok und Olaf Lies dem Votum der Basis - 4,8 Prozent der 66.200 Parteimitglieder nahmen teil.
Lies gewann 14 Vorwahlen und lag insgesamt 305 Stimmen vor Schostok.
Schostok zog zurück, als Wolfgang Jüttner ankündigte die Spitze der Fraktion abzugeben; die übernimmt der Hannoversche Bezirksvorsitzende im Juni.
91,1 Prozent der Delegierten stimmten jetzt in Stade für Lies, satte 15 Prozent mehr als einst für seinen Vorgänger Garrelt Duin.
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ist Elektroingenieur und lebt mit seiner Ehefrau und zwei Kindern im friesländischen Sande auf einem Bauernhof mit Eseln, Katzen und Kaninchen. Er fährt gern Motorrad
Und nach Garrelt Duins Abgangs-Ankündigung wussten Sie: Ich will Landesvorsitzender werden?
Ich habe mich gefragt: Was bedeutet das für dich? So wie jeder andere im Landesvorstand auch. Und ich bin dabei zu dem Schluss gekommen, dass ich bereit bin, Verantwortung zu übernehmen: Also habe ich auch relativ schnell meine Kandidatur angemeldet - und freue mich jetzt auf diese Aufgabe.
Obwohl die Niedersachsen-SPD so zerstritten ist?
Da muss ich etwas gerade rücken. Es gab interne Konflikte, das ist wahr. Aber die sind vernünftig gelöst.
Sprich: Duins große Strukturreform ist gestrichen?
Nein. Die ist abgeschlossen.
Die Bezirke bleiben also bestehen?
Ja. Aber im Kern ging es um die Verteilung der Kompetenzen. Da gab es verschiedene Modelle - und wir haben einen tragfähigen Kompromiss gefunden: Es ist klar, dass der Landesvorstand die landespolitischen Themen setzt, und die Bezirksvorstände stärker für ihre regionalen Belange eintreten. Ich bin zuversichtlich, dass diese Regelung die nächsten Jahre hält. Es schadet einer Partei, sich ständig mit sich selbst zu beschäftigen.
Na, in den Regionalkonferenzen zur Vorsitzenden-Wahl gings doch auch um SPD-Internes. Und die wirkten mobilisierend.
Das stimmt, das war ein sehr positives Erlebnis. Niemand hätte vorab erwartet, dass wir damit weit über 3.000 Mitglieder erreichen. Das ist aber auch etwas anderes: Einerseits war es klar, dass die Basis hier wirklich mitbestimmen konnte. Und andererseits: Die Vorstellung der Kandidaten war ja kein persönlicher Schlagabtausch. Das war zum größten Teil eine Diskussion um echte politische Sachfragen.
Und wie wollen Sie diesen neuen Schwung über Ihre Wahl hinaus verlängern?
Das ist wirklich entscheidend - und es wird deshalb künftig nicht nur solche Regionalkonferenzen zu landespolitischen Themen geben, sondern auch breiter angelegte Foren. Außerdem werde ich in meiner Amtszeit alle 100 Ortsvereine besuchen.
Zum Händeschütteln mit Foto für die Homepage?
Nein. Es geht um Inhalte der Sozialdemokratie. Es geht um die politische Diskussion - und darum, sie wieder dort zu führen und auch dorthin zu tragen, wo sie ihre wirkliche Keimzelle hat. Wir müssen transportieren, dass die SPD eine Reformwerkstatt ist, in der jeder willkommen ist, der an einem gerechteren Niedersachsen mitarbeiten will.
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