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Ohne Nahverkehr geht garnix

■ Verbandstagung bundesdeutscher Verkehrsbetriebe eröffnet / Warnung vor der Wiederholung von DDR-Fehlern / Nach Vereinigung keine Tarifangleichung

West-Berlin. Gestern begann zum ersten Mal in Berlin die Jahrestagung des Verbandes Öffentlicher Verkehrsbetriebe in Deutschland, VÖV. Bei der Eröffnungspressekonferenz appellierte der Verbandspräsident Dr. Hans Sattler an die Bundesregierung, die Investitionen im öffentlichen Personennahverkehr verstärkt auszubauen, da „ein Chaos in den Städten sonst vorprogrammiert ist“.

Direkt an Verkehrsminister Zimmermann stellte er die Forderung, die Investitionssumme über die Einführung der Ökosteuer und eine Erhöhung der Mineralölsteuer anzuheben. Schon drei Pfennige mehr könnten die dringlichsten Forderungen des VÖV finanzierbar machen. Gleichzeitig warnte er die Bundesregierung, in der DDR jetzt die selben Fehler wie früher in der BRD zu machen. „Wer jetzt auf den Ausbau des Individualverkehrs in der DDR setzt, der wird später mühsam die Rückverlagerung auf den öffentlichen Personennahverkehr vornehmen müssen“.

Der Berliner BVG-Direktor Lorenzen teilte danach mit, daß die Ostberliner Reichsbahndirektion jetzt ihre Zustimmung gegeben hat, die S-Bahn nicht mehr am Bahnhof Friedrichstraße zu beenden, sondern zur durchgehenden Linie zu machen. In Gesprächen muß nun über die dafür notwendigen Umbauarbeiten nachgedacht werden. Anschließend erläuterte er an Hand von Beispielen die Effizienz der Nahverkehrssysteme weltweit. „Gerade die letzte Zeit hat bewiesen, daß unvorhersehbare Ereignisse mit öffentlichen Verkehrsmitteln am besten zu bewältigen sind. Nach dem Erdbeben in San Francisco z.B. hat der Nahverkehr gegenüber dem Autoverkehr noch funktioniert und so das Chaos in Grenzen gehalten. Nach dem politischen Erdbeben des Mauerfalls in Berlin bewies auch die BVG ihre ungeheuere Leistungskraft.“ Bis zu 150 Prozent mehr Beförderungsleistung hat die BVG nach dem 9. November erbracht.

Auf erste Erfahrungen mit den Berliner Busspuren, vor allem auf dem Ku'damm, angesprochen, bestätigte Lorenzen deren großen Erfolg. Einziger Kritikpunkt sind für ihn die Radfahrer. Die würden die Busspur zu einem Fahrradflanierkanal machen. Damit würde „kontraproduktiv der Sinn von Busspuren degeneriert“, meinte er. Eine Berliner Neuheit stellte er abschließend vor: Schon bald könnte sich jeder Berliner über ein computergesteuertes Info-System seinen „persönlichen Fahrplan“ erstellen lassen. Auf Knopfdruck spendiert der Automat einen Schein mit Fahrzeit, Umsteigemöglichkeiten und Haltestellen auf der eingegebenen Strecke.

Auf eine Frage der taz, ob nach der Währungsunion am 2. Juli mit einer Tarifangleichung zwischen Ost- und West -Berlin gerechnet wird, antwortete der BVG-Direktor: „Nein, das ist nicht geplant“.

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