■ Offener Brief: Hysterische Hetzjagd? Streit um „Fall Kornberger“
Die Unterzeichnerinnen geben zur Auseinandersetzung um die Arbeitsstelle gegen sexuelle Diskriminierung und Gewalt am Ausbildungs- und Erwerbsarbeitsplatz (ADE) folgende Erklärung ab:
In der Auseinandersetzung um den Sexismus-Vorwurf in Lehrveranstaltungen der Universität Bremen wurde die ADE in der Bremer und der überregionalen Presse mehrfach in äußerst unqualifizierter und unsachlicher Form angegriffen. Der schwerwiegende Vorwurf des Rufmords an einem Lehrenden und der „hysterischen Heztzjagd“ konzentriert sich insbesondere auf die Leiterin der Arbeitsstelle, Sabine Klein-Schonnefeld. Sie ist nicht nur persönlich diffamierenden Titulierungen ausgesetzt; es wird zudem aktuell versucht, ihr Auftreten als kompetente Referentin zum Thema sexuelle Diskriminierung und Gewalt gegen Frauen zu verhindern.
Abgesehen von der ungerechtfertigten Verunglimpfung einer Person sehen wir in der Berichterstattung über den Konflikt eine skandalisierte, diesem sensiblen Thema unangemessene Art der Darstellung. Die ADE hat sich in dem genannten Fall pflichtgemäß an das vorgegebene Verfahren der universitären Richtlinie gegen sexuelle Diskriminierung und Gewalt und der Dienstanweisung des Senats gehalten, insbesondere bezüglich der Vertraulichkeit der kritisierten Person und der Enthaltung jedweder Bewertung des kritisierten Unterrichts. Die Vorwürfe gegen Frau Klein-Schonnefeld sind haltlos. Sie bewegen sich auf einer emotionalisierten und unsachlichen Ebene und leisten dem Vorurteil Vorschub, sexuelle Diskriminierung sei ein Thema für „bigotte und verklemmte Moralhüterinnen“. Mit Liberalität und Toleranz hat dies nichts zu tun.
Wir weisen die journalistisch verantwortungslose Art der bisherigen Berichterstattung und die fortgesetzte Diskreditierung der Fachkompetenz sowie der Person von Frau Klein-Schonnefeld aufs Schärfste zurück. Die ADE und ihre Leiterin bleiben für uns unverzichtbare Kooperationspartnerinnen in der Auseinandersetzung um sexuelle Diskriminierung und Gewalt.
Ulrike Hauffe, Bremer Landesbeauftragte für Frauen
Weitere Unterzeichnerinnen:
Arbeitskreis der Frauenbeauftragten des Landes Bremen, Autonomes Frauenhaus Bremen, belladonna - Kultur-, Kommunikations- und Bildungszentrum für Frauen e.V., Frauengesundheitszentrum Bremen e.V., Fraueninitiative Quirl e.V., Mädchenhaus Bremen e.V., Parlamentsausschuß „Förderung der Gleichberechtigung der Frau im Lande Bremen“, Schattenriß e.V., Beratungsstelle gegen sexuellen Mißbrauch an Mädchen, Jutta Bahr-Jendges, Rechtsanwältin und Notarin, Katja Barloschky
Eva Böller, Frauenbeauftragte Gemeinde Weyhe, Irmtrud Gläser, Präsidentin der Angestelltenkammer Bremen; Mitglied im Gesamtpersonalrat für den Bremischen Öffentlichen Dienst, Ulrike Hiller, Frauenbeauftragte, Ottersberg, Barbara Jakobi, Frauenbeauftragte der LGG Universität Bremen, Anette Klasing, LidiceHaus, Jugendbildungsstätte Bremen, Prof. Dr. Helga Krüger, Universität Bremen, Fachbereich II, Dr. Barbara Loer, Prof. Dr. Hanneke von Maanen, Universität Bremen, Studiengang Lehramt Pflegewissenschaften und Chair Standing Commitee in Health International Federation of Business and Professional Woman (IFBPW), Dr. Konstanze Plett, Zentrum für Europäische Rechtspolitik, Universität Bremen, Dr. Jutta Schmidt, Frauenbeauftragte der Bremischen Evangelischen Kirche, Ulla Voigt, Bremer Volkshochschule, Prof. Dr. Edda Weßlau, Sprecherin der Zentralen Kommission für Frauenfragen, Universität Bremen
Anmerkung der Redaktion: Wir haben vorstehende Erklärung mit der Bitte um Veröffentlichung zugesandt bekommen. Wir tun dies im Rahmen der Diskussion um den „Fall Kornberger“. Leider ist nicht ersichtlich und begründet, wer und was mit dem pauschalen Vorwurf der „journalistisch verantwortungslosen Art der bisherigen Berichterstattung“ gemeint ist.
Die taz hat am 3.11.98 erstmals über den „Fall“ und die an der Universität laufende Debatte berichtet und auch am 5.12.98 Sabine Klein-Schonnefeld ausführlich in einem Interview zu Wort kommen lassen. Zu unserem Verständnis von verantwortlichem Journalismus gehört es – über die Frage, ob vorgegebene Verfahren einer Richtlinie eingehalten wurden, hinausgehend – durchaus engagiert zu berichten, wenn in der Stadt ein Streit darüber stattfindet, was als „sexuelle Diskriminierung“ gelten soll. Das ist für uns der Kern des Themas im „Fall Kornberger“.
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