Offener Brief: Protest gegen Stadthallen-Umbau
„Missachtetes Baukunstwerk“
„Bremen hat mit seiner Stadthalle einen Bau erhalten, der nicht nur wegen seiner ungewöhnlichen Form bald schon zu den baulichen Kennzeichen dieser Stadt gehören wird.“ Das schrieb die „Bauwelt“ 1965. Recht hat sie behalten. Jetzt aber soll die Halle umgebaut werden, um die Besucherkapazität zu steigern – auf Kosten der Architektur. Vor allem die bevorstehende „Kastration“ des charakteristischen Hängedachs sorgt für Empörung. Im September kommt Roland Rainer, der 92-jähige, immer noch für sein Bauwerk streitende Stadthallenarchitekt nach Bremen (19.9., Vortragssaal der Kunsthalle,19 Uhr). Eine gute Gelegenheit, dieabgeblockte Diskussion voranzutreiben, die auch mit dem Abdruck des folgenden offenen Briefes des BDB befördert werden soll.
Der Bund Deutscher Baumeister protestiert entschieden gegen den geplanten Umbau der Halle mit einer Tribünenerhöhung und dem damit einhergehenden Abriss der Hallendachkonstruktion. Hier wird ein Baukunstwerk missachtet und der Zerstörung preisgegeben.
Das Besondere der Bremer Stadthalle und der Kerngedanke des Entwurfes ist die Verbindung der Tribünenkonstruktion mit der Hallenüberdeckung zu einer statisch gemeinsam wirkenden und gestalterisch bestimmenden Einheit. Das Gewicht der Tribünen spannt die Hallenüberdeckung, während umgekehrt die Zugglieder der Überdeckung das Tribünengewicht tragen.
Die Krümmungen der Stahlbetonzugseile bestimmen unmittelbar die Erscheinung des Innenraumes, die äußeren Binder versinnbildlichen die skulpturale Kraft des gesamten Bauwerkes. Dieses Gebäude ist einmalig und steht deswegen unter dem Schutz des Urheberrechts.
Bei einem Kunstwerk wie z.B. von Paula Modersohn-Becker käme wohl kaum jemand auf die Idee, einen Künstler zu beauftragen, das Werk doch etwas zu verkleinern, weil es nicht an die vorgesehene Wand passe (...). In der bildenden Kunst ist das ethische Verständnis weit genug entwickelt, für die Baukunst fehlt es offenbar. Im übrigen ließe sich auch kein Künstler finden, der zu solch einer Freveltat, wie oben beschrieben, bereit wäre. Ohne die Zustimmung der geistigen Urheber darf die Stadthalle nicht verändert werden. Sollte dies dennoch geschehen, könnten auch erhebliche Schadensersatzforderungen geltend gemacht werden, bis hin zur Rückänderung in den jetzigen Stand (...).
Wir fordern die verantwortlichen Stellen auf, die Zerstörung dieses wertvollen Zeugnisses bremischer Baukultur zu unterlassen. Braucht Bremen eine größere Halle, sind die Wirtschaftspläne entsprechend zu erstellen und eine neue Halle zu planen und zu bauen.
BDB (Bund Deutscher Baumeister, Architekten und Ingenieure) Bremen
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