Offene Datenbanken: Postbank bricht Versprechen
Freie Finanzvermittler haben laut Finanztest weiter Zugriff auf die Datenbanken der Postbank. Dabei hatte das Unternehmen angekündigt, ihre Kundendaten zu sperren.
Auf die Mitarbeiter der Postbank könnte demnächst eine Menge Arbeit zukommen. Die Stiftung Warentest fordert alle Postbank-Kunden auf, schriftlich Auskunft zu verlangen, welche ihrer Daten zu welchem Zeitpunkt und für welchen Zweck genau weitergeleitet wurden. "Eine solche Anfrage muss die Postbank bearbeiten", sagt Finanztest-Redakteur Lutz Wilde. Das sehe das Bundesdatenschutzgesetz vor. Anspruch darauf hätten auch sämtliche Postbank-Kunden, die nicht explizit widersprochen haben, dass ihre Daten weiter geleitet haben. Die Postbank verfügt eigenen Angaben zufolge über 14 Millionen Kunden.
Finanztest hatte Anfang der Woche bekannt gemacht, dass bei der Postbank sensible Girokontodaten von Kunden für Tausende von freien Finanzberatern einsehbar sind. Allein mit der Eingabe eines Namens und des dazugehörigen Geburtsdatums sei es diesen freien Mitarbeitern möglich gewesen, sämtliche Kontenbewegungen abzurufen. Als Konsequenz dieser Kritik kündigte die Postbank-Spitze daraufhin an, den Zugriff für externe Mitarbeiter zu sperren, bis die Umstände des illegalen Abrufs geklärt sind. Doch am Donnerstagabend habe Finanztest über Mitarbeiter der Postbank Finanzberatung bei Stichproben die Kontenbewegungen der vergangenen 100 Tage sowie Anlagekonten von Postbankkunden erneut weiterhin problemlos abrufen können. "Einige Teile waren dicht, andere Teile aber nicht", sagte Finanztest-Redakteur Wilde.
Postbank-Sprecher Joachim Strunk bemühte sich um Präzision: Es seien alle Daten von Kunden gesperrt worden, die keine Einwilligungserklärung abgegeben hätten. Bei den neuen Vorwürfen von Finanztest habe es sich jedoch nur um Kunden gehandelt, die auch eine Einwilligungserklärung abgegeben hatten, so der Postbank-Sprecher. Bei Kunden, die keine solche Einwilligung unterschrieben haben, konnten die Finanzberater nur noch Name und die Salden abrufen - ohne Einsicht auf Verwendungszweck und Absender oder Empfänger zu haben.
Finanztest geht allerdings davon aus, dass die meisten Postbank-Kunden die Einwilligung mit der Bestätigung der Allgemeinen Geschäftsbedingungen automatisch erteilt haben. Datenschutzbeauftragte weisen deshalb darauf hin, dass die Einsicht von Kontenbewegungen selbst dann rechtswidrig ist, wenn Kunden eine Einwilligungsklausel zur Weitergabe ihrer Daten unterschrieben haben.
Die Postbank hat auf die erneuten Vorwürfe reagiert. Der Zugriff für die Handelsvertreter solle bis zur Klärung der Rechtslage gesperrt bleiben. Finanztest rät den Postbank-Kunden dennoch, schriftlich das Unternehmen aufzufordern, die Weitergabe ihrer Daten zu stoppen.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Nahost-Konflikt
Alternative Narrative
IStGH erlässt Haftbefehl gegen Netanjahu
Wanted wegen mutmaßlicher Kriegsverbrechen
Nach der Gewalt in Amsterdam
Eine Stadt in Aufruhr
+++ Nachrichten im Nahost-Krieg +++
IStGH erlässt Haftbefehl gegen Netanjahu und Hamas-Anführer
Jeder fünfte Schüler psychisch belastet
Wo bleibt der Krisengipfel?
Krieg in der Ukraine
USA will Ukraine Anti-Personen-Minen liefern