Kommentar: Offenbarungseide
■ Erschrecken in den Stunden der Wahrheit
Der Konkurs des Vulkan ist (vorerst?) abgewendet. Betriebe melden Vergleich an. Der Vorstand erklärt sich zum ersten Mal in der Öffentlichkeit. Der Senat verkündet, wie wenigstens ein größerer Teil der Arbeitsplätze in Bremen und Bremerhaven gerettet werden könnte – vielleicht. Gestern gab es viele Stunden der Wahrheit, endlich, könnte man sagen. Endlich wissen wir, was auf uns zukommt. Aber: Wissen wir das wirklich? Eigentlich nicht, denn die Stunden der Wahrheit waren eher Offenbarungseide.
Der Vorstand tritt an die Öffentlichkeit, hat erste Horrorzahlen, aber keine Idee, wie es weitergehen soll. Betriebe werden dran glauben müssen, wahrscheinlich auch eine Werft in Bremerhaven. Welche? Schweigen. En passant wird bekannt, daß der Vorstand noch im November den maroden Maschinenbauer Dörries-Scharmann entschuldet hat. Schlappe 170 Millionen für einen Betrieb, den man jetzt lieber heute als morgen loswerden will, wenn nicht dichtmachen. Waren die irre? Und der Senat kommt mit allgemeinen „Eckpunkten“ der Rettung aus der Deckung, ohne daß die einmal durchbuchstabiert worden wären. Kein Wunder: Bis gestern galt die Weisung der Senatsspitze, kein detaillierteres Auffangkonzept zu erarbeiten, weil niemand in den Geruch kommen wollte, als erster vom Konkurs geredet zu haben. Auch sehr professionell. Die Stunden der Wahrheit – von einem Erschrecken ins nächste. Jochen Grabler
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