Offenbar wegen Relevanz-Debatte: Wikimedia löscht im Spendenticker
Offenbar aus Unlust, öffentlich kritische Kommentare zur Relevanz-Debatte auf sich sitzen zu lassen, löscht Wikimedia Deutschland in ihrer Spenden-Übersicht.
Dass die Relevanzdebatte solche Wellen schlagen würde, hätten sie sich bei Wikimedia wohl nicht gedacht. Jetzt nutzen zahlreiche Spender die aktuelle Fundraising-Kampagne, um ihrem Unmut Luft zu machen. Kleinstspenden von einem Euro werden mit glasklaren Bemerkungen versehen.
"Stoppt die Lösch-Admins", schreibt Daniel aus Hamburg. Andere schreiben "Ignoranz kommt vor dem Fall", "Spende nicht enzyklopädierelevant" und "Mir egal, welchen Artikel ihr dafür löscht.."
Die Spender beziehen sich hierbei auf die seit einigen Wochen kochende Relevanz-Debatte. Die war ausgebrochen, weil einer der Admins den Wikipedia-Eintrag von MOGiS - dem in der Netzsperren-Debatte bekanntgewordenen Verein "Missbrauchs-Opfer gegen Internetsperren" wegen "Nicht-Relevanz" gelöscht hatte.
Das sorgte für einen Sturm der Empörung. Im Laufe der folgenden Wochen brach sich noch eine Menge weiteren Unmuts Bahn, der sich in den letzten Monaten und Jahren aufgestaut hatte. Viele monierten, dass die deutschsprachige Wikipedia grundsätzlich viel zu restriktiv sei und dass sich am Relevanzprinzip doch grundsätzlich mal etwas ändern solle.
Am Freitag, den 6. November kam es in den Räumlichkeiten des Vereins Wikimedia zum Showdown: Man hatte zur Aussprache über den MOGiS-Fall geladen, außerdem schwelte ja die Debatte um die Relevanzkriterien im Raume. Auf netzpolitik.org ist ein Artikel zu finden, der den Abend nachvollzieht.
Jetzt also stimmen die Spender mit dem Geldbeutel ab. Dem Verein Wikimedia kommt das naturgemäß nicht zupaß. Einige Spenden wurden schon aus der Übersicht entfernt, außerdem distanziert man sich von dem Projekt Wikipedia: "Wikimedia Deutschland ist nicht Betreiber der Wikipedia, wir haben keinen inhaltlichen, technischen oder redaktionellen Einfluß auf das Projekt."
Begründet werden die Löschungen auch mit Rücklastschrift-Kosten, die bei nicht stimmenden Kontoverbindungen entstehen.
Allerdings macht Wikimedia Deutschland in dem Blogbeitrag deutlich, dass man in der aktuellen Relevanzdebatte keine Position beziehe, sondern lediglich moderierend tätig sein wolle. So oder so: Die Relevanzdebatte wird den Verein Wikimedia und auch die Enzyklopädie Wikipedia noch länger beschäftigen.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
Starten Sie jetzt eine spannende Diskussion!