Oettinger will Europa-Endlager: Niemand will die Asse-Fässer
Braunschweig und Salzgitter winken ab. EU-Kommissar Oettinger fordert unterdessen Endlager in Europa und kündigt eine entsprechende Verordnung an.
Für die rund 126.000 Fässer mit radioaktiven Abfällen, die das Bundesamt für Strahlenschutz (BfS) aus dem havarierten Atommülllager Asse bergen will, findet sich kein Abnehmer. Nach Salzgitter hat sich jetzt auch der Braunschweiger Stadtrat gegen Asse-Müll auf seinem Gebiet ausgesprochen.
Einstimmig beschloss das Kommunalparlament eine Veränderungssperre für ein Gewerbegebiet, in dem das Entsorgungsunternehmen Eckert & Ziegler die Abfälle aus der Asse für eine spätere Endlagerung vorbereiten will. Vorstandschef Andreas Eckert stellte dafür im Gespräch mit der taz Investitionen von rund 20 Millionen Euro in Aussicht. Die verfügte Veränderungssperre lässt dies nun nicht zu. Braunschweigs Oberbürgermeister Gert Hoffmann (CDU) warf der Firma vor, nicht mit offenen Karten gespielt und den Zusammenhang mit dem Atommüll in einem nachgereichten Papier versteckt zu haben. "Ich halte das für unseriösen Umgang mit der Verwaltung", sagte Hoffmann
Auch die Nachbarstadt Salzgitter will den Asse-Müll nicht. Oberbürgermeister Frank Klingebiel (CDU) und die im Stadtrat vertretenen Parteien stimmten kürzlich gegen eine Umlagerung der radioaktiven Abfälle in den Schacht Konrad in Salzgitter. Das Bundesumweltministerium und das BfS planten "über die Köpfe der Bürger Salzgitters" den Transport der Fässer nach Konrad, heißt es im Ratsbeschluss. "Der Rat und der Oberbürgermeister als Chef der Verwaltung verurteilen dieses Vorgehen."
Schacht Konrad ist das einzige genehmigte Endlager in Deutschland. Die frühere Eisenerzgrube wird derzeit umgerüstet, ab 2014 könnte die Einlagerung schwach- und mittelradioaktiver Abfälle beginnen. Das BfS hat mehrfach angedeutet, dass Konrad als Lagerstätte für die Asse-Abfälle infrage kommt.
Konrad wurde nur für maximal 303.000 Kubikmeter Müll genehmigt. Die Abfälle aus der Asse haben nach Schätzungen allein ein Volumen von rund 100.000 Kubikmeter. Das Genehmigungsverfahren für Konrad müsste also neu aufgerollt werden. Die Ratsfraktionen in Salzgitter und der Oberbürgermeister lehnen das aber "strikt ab". Die Kommune hatte bereits gegen die gültige Genehmigung für Schacht Konrad geklagt.
Auch der Streit über ein mögliches Endlager in Gorleben droht sich zu verschärfen EU-Energiekommissar Günther Oettinger (CDU) forderte im Hamburger Abendblatt, dass sich die Mitgliedstaaten "dringend um die Frage der Endlagerung kümmern" sollten. Er kündigte eine EU-Verordnung zur Entsorgung von Atommüll an, die 2010 fertiggestellt werden soll.
Frankreich, Schweden und Finnland wollen in den kommenden 15 Jahren damit beginnen, ihren Atommüll unterirdisch zu lagern. Die finnische Regierung wolle ein unterirdisches Endlager 2020 in Betrieb nehmen, sagten europäische Experten bei einer Konferenz in Kalifornien. Schweden habe ähnliche Pläne. Frankreich will bis 2013 über einen Standort entscheiden.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Haftbefehl gegen Netanjahu
Sollte die deutsche Polizei Netanjahu verhaften?
#womeninmalefields Social-Media-Trend
„Ne sorry babe mit Pille spür ich nix“
Buchpremiere von Angela Merkel
Nur nicht rumjammern
Deutscher Arbeitsmarkt
Zuwanderung ist unausweichlich
Deutschland braucht Zuwanderung
Bitte kommt alle!
Stellenabbau bei Thyssenkrupp
Auf dem Rücken der Beschäftigten