"Österreich zeigt Rückgrat"-Initiator: "Bloß keine erfolgreiche EM!"

Michael Kriess wollte Österreichs Nationalmannschaft die Scham eines sportlichen Desasters bei der Heim-EM ersparen. Nun muss er das Verderben mit ansehen.

Auch eher klein: die österreichische Nationalmannschaft. Bild: dpa

taz: Herr Kriess, Sie haben im September vergangenen Jahres das Projekt "Österreich zeigt Rückgrat - Initiative österreichfreie Euro 08" ins Leben gerufen. Am Sonntag startet das ÖFB-Team ins Turnier. Eine klare Niederlage für Sie. Oder?

Michael Kriess: Nein, eigentlich sind wir nicht gescheitert. Über 10.000 Unterstützungserklärungen und hunderte E-Mails haben wir gesammelt. Viele haben geschrieben: Endlich mal einer, der sagt, was im österreichischen Fußball Sache ist. All jene, die mit Fußball Geld machen, glauben, die Fans wären zu blöd zu durchschauen, was da passiert.

Was ist denn Sache im österreichischen Fußball?

Wie sehen Sie ihn denn?

Er ist eher drittklassig.

Na eben. Und 1990 waren wir noch bei der Weltmeisterschaft dabei. Man hat verpasst, eine junge, konkurrenzfähige Mannschaft zusammenzustellen, obwohl man das größte kontinentale Fußballereignis im eigenen Land hat. Ich frage mich, warum es nicht ein Köpferollen gab. Man glaubt allen Ernstes, es wird schon irgendwie gut gehen, und damit wären die Probleme des heimischen Fußballs gelöst. Wenn es in der Wirtschaft zu so schlechten Leistungen gekommen wäre, hätte es geheißen: Also, das sind alles faule Säcke und die müssen weg. Aber im Fußball ist das anders.

Es wird schon irgendwie gut gehen: Ist dies auch jetzt das Motto der Österreicher fürs EM-Turnier?

Das ist der österreichische Ansatz: Es wird schon werden. Das ist Teil der österreichischen Mentalität. Man hofft auf ein Wunder. Dabei muss man sich Fußballwunder hart erkämpfen. Man kann sich doch nicht schon im Herbst hinstellen und sagen: Wir schaffen es ins Viertelfinale. Und die Presse verbreitet diesen Irrsinn auch noch. Da scheinen einige ihren Beruf verfehlt zu haben.

Wie gehen Sie mit der EM und dem österreichischen Team um. Schauen Sie zu oder boykottieren Sie?

Man kann sich auf jedes Spiel freuen, an dem nicht die Österreicher beteiligt sind. Wie sollen sie denn mithalten? Auch ein Toni Polster sagt doch, dass hier nicht professionell gearbeitet wird.

Nun heißt es, Teamchef Josef Hickersberger hätte die spielerisch schwächelnden Österreicher so topfit gemacht, dass sie mithalten können mit den Großen?

Ich habe selber Fußball gespielt. Und wenn einer glaubt, dass man innerhalb von drei Wochen ein Fitnessprogramm derart durchziehen kann, dann ist er auf dem Holzweg. Wissen Sie übrigens, was das Schlimmste für den Fußball hierzulande wäre?

Nein.

Wenn Österreich eine erfolgreiche EM spielt.

Aha, warum denn?

Weil dann alle Probleme übertüncht würden. Und nichts würde sich tun.

Sie und ihre Initiative "Österreich zeigt Rückgrat" wurden kürzlich vom Strafamt des Stadtmagistrats Innsbruck zu einer Geldstrafe verurteilt, weil Sie angeblich das Ansehen der Republik Österreich beschädigt hätten. Was ist passiert?

Es handelt sich um einen vierstelligen Betrag, weil wir, wie es im Urteil formuliert ist, das Bundeswappen so verändert hätten, "dass anstatt des Hauptes des Wappentieres (Adler) und der vergoldeten Mauerkrone mit drei sichtbaren Zinnen ein Fußball mit weißen und schwarzen Feldern vorhanden ist". Ich gehe stark davon aus, dass dieses Urteil von einem pathologisch strafwütigen Beamten gefällt wurde. Wir sind in Berufung gegangen.

Wird noch vor Beginn der EM neu verhandelt?

Nein, ursprünglich sollte am Donnerstag verhandelt werden, jetzt macht man es nach der EM, weil der Richter plötzlich krank wurde. Man könnte aber den Eindruck bekommen, das wäre sehr gelegen gekommen. Nach der EM sind die Medien nicht mehr interessiert. Wenn es beim Urteil bleiben sollte, dann steht für mich fest, dass wir keine mitteleuropäische Demokratie sind, sondern eher eine Bananenrepublik.

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