Österreich ehrt Kriegsverweigerer: Denkmal für Deserteure
Endlich soll den Deserteuren der Wehrmacht in Österreich offiziell gedacht werden. Doch der Standort des künftigen Denkmals ist noch umstritten.
WIEN taz | Wehrmachtsdeserteure sollen in Wien ein Denkmal bekommen. Was vor bald zwei Jahren im rot-grünen Regierungsübereinkommen der Wiener Stadtregierung festgeschrieben wurde, wird jetzt konkret. Nur der Standort ist noch umstritten, was die Errichtung des Denkmals einmal mehr verzögern könnte.
Wenn sich am Nationalfeiertag 26. Oktober das Bundesheer traditionell auf dem Heldenplatz präsentiert, soll die Standortfrage geklärt sein. Das versprach der zuständige Kulturstadtrat Andreas Mailath-Pokorny (SPÖ): „Die Zeit der Arbeitskreise ist vorbei.“ Denn längst ist nicht mehr umstritten, dass es ein solches Denkmal geben soll, für das sich das Komitee „Gerechtigkeit für die Opfer der NS-Militärjustiz“ seit 2008 einsetzt. Damals war die gesellschaftliche Akzeptanz noch nicht voll gegeben.
Vor allem Grüne und Sozialdemokraten machten sich zugunsten eines Denkmals stark. Bundespräsident Heinz Fischer sagte: „Wer der Hitler-Wehrmacht im Zweiten Weltkrieg den Rücken gekehrt hat, wer sich dagegen zur Wehr gesetzt hat, an diesem Krieg aktiv mitzumachen, der ist mit dem klassischen Deserteur, der seinem eigenen demokratischen Heer in den Rücken fällt, nicht zu vergleichen.“
Nur noch die rechte FPÖ und Veteranenverbände mobilisieren gegen das Denkmal. „Wie immer man zum Thema der Desertionen im Dritten Reich stehen mag, jede Art der Desertion pauschal als Heldentat in Form eines eigenen Denkmales zu glorifizieren ist sowohl sachlich falsch als auch unverantwortlich,“ erklärt der Kameradschaftsbund.
Das Komitee setzte sich stets für den Heldenplatz ein, wo nicht nur Feldherren wie Prinz Eugen mit Reiterstandbildern geehrt werden, sondern in einer Krypta bis vor kurzem noch Nazi-Kriegsverbrechern gedacht wurde. Der dortige Standort macht aber Thomas Geldmacher, den Vorsitzenden des Komitees „Gerechtigkeit für die Opfer der NS-Militärjustiz“, nicht glücklich.
Er ist für den Ballhausplatz zwischen Kanzleramt und Präsidententrakt der Hofburg: „Jeder Staatsgast würde das Denkmal passieren – eine exzellente Gelegenheit, um die Abkehr des demokratischen Staates Österreich von den Zielen und Mitteln eines verbrecherischen Regimes deutlich zu machen, zu dem Österreich von 1938 bis 1945 gehörte.“
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Israel, Nan Goldin und die Linke
Politische Spiritualität?
Matheleistungen an Grundschulen
Ein Viertel kann nicht richtig rechnen
Innenminister zur Migrationspolitik
Härter, immer härter
Nikotinbeutel Snus
Wie ein Pflaster – aber mit Style
Prozess gegen Letzte Generation
Wie die Hoffnung auf Klimaschutz stirbt
Börsen-Rekordhoch
Der DAX ist nicht alles