Ölpreis wird weiter steigen: Auch 200 Dollar pro Barrel möglich
Nach dem Erreichen der Rekordmarke von 100 Dollar rechnen Experten mit weiter steigenden Ölpreisen. Die Nachfrage übersteigt Angebot.
BERLIN taz 100 Dollar sind erst der Anfang: Die meisten Händler und Konjunkturexperten sind sich einig, dass das Zeitalter des billigen Öls endgültig vorbei ist. Symbolisch unterfüttert wurde die Prognose Mittwochabend: Exakt 100 US-Dollar kostete da ein Fass (159 Liter) an der Rohstoffbörse in New York. Formal ein neuer Höchststand, inflationsbereinigt allerdings noch etwas billiger als zu Beginn des Golfkrieges 1980: Damals kostete Öl zeitweise über 101 Dollar.
Wie so oft im vergangenen Jahr gaben auch für den Anstieg am Mittwoch Spekulationen den Ausschlag: Die Käufer mutmaßten über Versorgungsengpässe, die bei gleichbleibender oder steigender Nachfrage den Preis in die Höhe treiben würden. Diesmal waren die Anlässe für die vermehrten Investitionen Anschläge in der Ölhafenstadt Port Harcourt des weltweit achtgrößten Ölexporteurs Nigeria sowie in Algerien, Mitglied der Organisation Erdöl exportierenden Länder (Opec). Außerdem gehen Analysten davon aus, dass die Lagerbestände in den USA weiter gesunken sind.
Mittlerweile hat der Preis sein Rekordhoch wieder verlassen: 99,73 Dollar kostete ein Fass Donnerstagmittag. Im Durchschnitt werde Öl dieses Jahr aber für 120 bis 130 Dollar zu haben sein, meint Ölhändler Otto Wiesmann. "Wenn mehreres weltweit zusammenkommt, sich etwa die Lage in Nigeria verschlechtert, sich der Streit mit dem Iran verschärft und Hurrikans wüten, sind kurzfristig auch 200 Dollar möglich. In ein paar Jahren sind 200 Dollar aber ein ganz normaler Preis." Denn das Angebot werde mit der Nachfrage nicht mithalten. Optimistische Einschätzungen teilt er nicht: In China werde nach den Olympischen Spielen die Nachfrage wieder sinken, lautet eine. "Die chinesische Wirtschaft steht doch erst am Anfang", meint Wiesmann. Und was ist mit dem Ölfeldfund in Brasilien im November? "Die daraus förderbare Menge ist viel zu gering", entgegnet er. Weltweit werden derzeit 87 Millionen Fass pro Tag verbraucht - das Feld in Brasilien soll zwischen 1,6 und 8 Milliarden Fass enthalten. Auch bei der Ölsandförderung in Kanada winkt Wiesmann ab: "Zu geringe Mengen bei schlechter Energiebilanz."
Die Aktienmärkte reagierten negativ auf den Ölpreis. Und die EU-Kommission erklärte, sie befürchte Schäden für das Wachstum im Euro-Raum, sollte der Ölpreis auf dem Rekordniveau bleiben. Das DIW hingegen beschwichtigt: Das Wirtschaftsforschungsinstitut hatte am Mittwoch zwar seine Konjunkturprognose abgeschwächt, mit dem Ölpreis habe das aber wenig zu tun, sagt Claudia Kemfert vom DIW: "Da brauchen wir uns keine Gedanken machen." Sollte der schwache Dollar wieder an Wert gewinnen, könnte sich das aber ändern. Denn Öl wird weltweit mit Ausnahme vom Iran in Dollar gehandelt. CHRISTINE ZEINER
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