Ölpipeline von Kanada nach Texas: Obama nimmt Abschied von Öko
US-Präsident Obama soll über den Bau einer riesigen Ölpipeline von Kanada nach Texas entscheiden. Trotz Protesten aus dem eigenen Lager signalisiert er Zustimmung.
Für die einen ist die geplante Pipeline von Kanada in die USA der Ausweg aus der Energiekrise. Für die anderen das Ende jeder Klimapolitik. Die Keystone XL spaltet die nordamerikanische Öffentlichkeit. Auf 2.673 Kilometer Länge soll das Rohr Öl aus der kanadischen Provinz Alberta quer durch Nordamerika bis zu den Raffinerien nach Texas transportieren. Unterwegs soll die Pipeline mehrere Nationalparks, Wasserreservoirs sowie eine der größten Kornkammern des Planeten unterqueren.
Ende August und Anfang September hatten UmweltaktivistInnen zwei Wochen lang täglich vor dem Weißen Haus in Washington gegen die geplante Pipeline demonstriert. 1.253 von ihnen, die sich absichtlich dem Gitter zum Sitz des US-Präsidenten näherten, ließen sich in Handschellen abführen. Die Proteste sorgten für Schlagzeilen.
Die GegnerInnen von Keystone halten die Ölförderung aus Teersand in der kanadischen Provinz Alberta für hochgefährlich. Denn dieses Öl gilt als besonders schwer und muss zunächst mit Gas verflüssigt und auf mindestens 65 Grad Celsius erhitzt werden, um es mit Druck durch die Pipeline treiben zu können. Eine Panne würde ausreichen, um eine ganze Region zu verseuchen, sagen die Keystone-Gegnern.
"Sag nein", fordern US-amerikanische Linke ihren Präsidenten auf. Umweltaktivist Bill McKibben vergleicht die Risiken durch die Pipeline und durch die Ölförderung im Teersand im Norden von Alberta mit den Atomtests in der Wüste.
Momentan liegt das 13 Milliarden US-Dollar teure Projekt auf dem Schreibtisch von Barack Obama. Seine Entscheidung wird in diesem Herbst erwartet. Weil die Pipeline über eine internationale Grenze kommt, ist die Zustimmung des US-Präsidenten nötig.
Verschärfung der Ozonstandards - abgesagt
Doch Präsident Obama hat inzwischen mehrmals angedeutet, dass er sich von seinem ursprünglichem Umweltkurs abwenden werde. Er bestellte die Chefin des Umweltamtes EPA ins Weiße Haus und erklärte ihr, die geplante - und seit seiner Wahl angekündigte - Verschärfung der Ozonstandards werde nicht stattfinden. Seine Begründung deckt sich fast wortgleich mit jener der Kampagne der Industrie: In der angespannten wirtschaftlichen Lage dürften keine Arbeitsplätze durch neue Regeln gefährdet werden.
Die kanadische Betreibergesellschaft Trans-Canada bezeichnet ihre Technik als sicher. Befürworter argumentieren, die Erdölfunde im benachbarten Alberta würde Nordamerika unabhängiger machen von Importen aus Ländern, die in Washington als unberechenbar gelten. Die Provinz Alberta verfügt über das drittgrößte Ölvorkommen der Erde. Den Pipeline-Gegnern empfiehlt sie, gegen Kohleförderung zu demonstrieren. Unverhohlen drohen sie zudem damit, dass Kanada sein Öl ja auch an China verkaufen könne.
Die DemonstrantInnen am Weißen Haus haben noch bei den letzten Präsidentschaftswahlen mehrheitlich demokratisch gewählt. Doch über die Umweltpolitik ihres Präsidenten sind sie nun unglücklich. Unerwartete Schützenhilfe haben sie von einem republikanischen Gouverneur erhalten. Dave Heineman in Nebraska ist zwar nicht prinzipiell gegen Keystone XL. Aber er protestiert gegen ihren Verlauf durch seinen Bundesstaat. In Nebraska soll die Pipeline das Ogallala-Gebiet unterqueren, das die Farmer des Mittleren Westens mit Wasser versorgt.
Ein weiteres Argument gegen die Pipeline kommt aus Alberta. Der ehemalige Premierminister der Provinz, Peter Lougheed, hinterfragte, warum vor allem Texas profitieren soll. "Wir sollten unser Öl selbst raffinieren und die Arbeitsplätze hier bei uns schaffen", forderte Lougheed.
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