Ölpest vor norwegischer Küste: Vogel- und Korallenparadies bedroht

Zwei Nationalparks in Norwegen mit einer einzigartigen Natur sind von einer Ölpest bedroht. Der Grund ist mal wieder ein auf Grund gelaufenes Schiff vor der Küste.

Das "Godafoss"-Unglück ähnelt anderen Schiffsunfällen der letzten Jahre. Bild: dapd

STOCKHOLM taz | "Es ist einfach skandalös", schimpft Pål Bugge von der norwegischen Naturschutzorganisation Naturvernforbundet. "Anscheinend will man nichts lernen." In der Nacht zum Freitag war im Schärengebiet vor der südostnorwegischen Küste der Frachter "Godafoss" auf Grund gelaufen. Vermutlich 300.000 der eine halbe Million Liter Schweröl aus den beschädigten Treibstofftanks waren ausgelaufen, bevor man das Leck abdichten konnte.

Ein fünf Kilometer und ein drei Kilometer langer Ölteppich trieben am Wochenende in Küstennähe auf dem Meer. Ein Teil der klebrigen Brühe erreichte auf beiden Seiten des Oslo-Fjords die Küsten und erste tote Seevögel mussten eingesammelt werden. "Es ist wesentlich mehr Öl als wir erwartet haben", erklärte ein Sprecher der Katastropheneinsatzzentrale am Sonntag. "Kälte und Eis erschweren die Bekämpfung massiv."

Das "Godafoss"-Unglück ähnelt anderen Schiffsunfällen der letzten Jahre, die jeweils mehrere Hundert Kilometer Küstenlinie an der west- bzw südnorwegischen Küste mit Öl verschmutzt hatten: Im Januar 2007 war es die "Server" und im Juli 2009 die "Full City". In allen Fällen bewegten sich die Schiffe ohne Lotsen in unmittelbarer Küstennähe und liefen dort auf Grund. Dabei handelte sich glücklicherweise nur um Frachter, nicht um Öltanker. Doch allein der Schweröl-Inhalt ihrer Treibstofftanks genügte jeweils, eine umfassende Ölpest zu verursachen.

Die Umweltschutzorganisation Bellona fordert deshalb auch jetzt wieder, Schiffen mit schwerem Bunkeröl die Passage küstennaher Gewässer ganz zu verbieten und hier nur noch Fahrzeuge mit leichtem Schiffsdiesel zuzulassen. Dieser würde sich im Fall eines Lecks schneller auflösen und wesentlich geringere Schäden verursachen. Auch eine umfassende Lotsenpflicht fordern die Umweltschützer zum wiederholten Mal.

Das für eine isländische Reederei unter der Flagge von Antigua und Barbuda registrierte Containerschiff "Godafoss" war wenige Minuten nachdem der Lotse das Schiff verlassen hatte, außer Kurs geraten und mit hoher Geschwindigkeit auf Grund gelaufen. "Das war ein Unglück mit Ansage", meint Pål Bugge: In den letzten Jahren habe es in dem gleichen Meeresgebiet mehrere Beinaheunfälle gegeben und diese hätten jeweils auf Navigationsfehlern beruht.

Zuletzt war im November ein Frachter unweit der jetzigen Unfallstelle auf Grund gelaufen, im Januar hatte eine Lotse vor einer drohenden Ölkatastrophe gewarnt, weil die Lotsenpflicht immer mehr ausgedünnt worden sei. Dahinter stecke die Lobbyarbeit der Reedereien, die Geld sparen wollten, meint Bugge.

Der "Godafoss"-Unfall ereignete sich im erst vor zwei Jahren eingerichteten und einzigen maritimen Nationalpark Norwegens. 220 gefährdete Tier- und Pflanzenarten gibt es im Ytre Hvaler-Park, darunter einzigartige Kaltwasserkorallenriffe. Etwas weiter südlich schließt sich der schwedische maritime Nationalpark Kosterhavet an, der nun ebenfals bedroht ist.

Umweltminister Erik Solheim sprach vor Ort von "großen negativen Konsequenzen", die Nationalpark und Seevögeln drohen könnten. Die Kaltwasserkorallen laichen nur einmal jährlich - ausgerechnet zur jetzigen Jahreszeit. Die dabei entstehenden Larven sind äußerst empfindlich gegen jede äußere Einwirkung. Der diesjährige Nachwuchs könne deshalb verloren gehen, befürchtet bereits das staatliche norwegische Naturschutzdirektorat.

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