Ökonom über gescheiterte WTO-Gespräche: "Keine Einbußen"
Das Scheitern von Genf hat für den deutschen Verbraucher wenig Konsequenzen, meint Christoph Scherrer.
taz: Herr Scherrer, durch geringere Zölle sollten Computer aus China billiger werden. Ist das Scheitern der WTO-Verhandlungen schlecht für die deutschen Verbraucher?
Christoph Scherrer: Die Konsumenten werden einfach dieselben Preise zahlen, die auch heute gelten. Eine Verschlechterung ist nicht zu befürchten. Deshalb rate ich zu Entspannung. Und auch die deutsche Wirtschaft insgesamt kann mit dem Abbruch der Gespräche in Genf gut leben. Zusätzliche Geschäftsmöglichkeiten werden sich erst zwar einmal nicht eröffnen. Aber schon heute steht Deutschland auf dem Weltmarkt bestens da.
Erhält die Weltwirtschaft nun einen weiteren Dämpfer?
Nein. Denn eigentlich hat niemand mit einem Erfolg in Genf gerechnet.
Aber die Globalisierung wird jetzt langsamer?
Nein, der grenzüberschreitende Warenaustausch funktioniert auch mit höheren Zöllen. In den vergangenen Jahren ist die Weltwirtschaft stark gewachsen - trotz Zöllen und Subventionen. Gegenwärtig sinkt das Wachstum, weil die USA unter der Immobilienkrise leiden. Mit dem Regelsystem der WTO hat all das nichts zu tun.
Der Abbau der Handelsbarrieren zwischen den Staaten soll dazu führen, dass mehr Waren gehandelt werden. Müssen wir insgesamt mit Einbußen an Wohlstand rechnen?
In der Theorie führt mehr Handel zu mehr Spezialisierung. Vereinfacht gesagt: China spezialisiert sich auf Computer, Deutschland auf Maschinen. Und mehr Spezialisierung bedeutet mehr Produktivität und folglich mehr Wohlstand.
Stimmt diese Theorie nicht?
Oft nicht, denn die Früchte des Handels werden ungleich verteilt. Spezialisiert sich ein Land auf Produkte mit geringer Wertschöpfung wie Reis, verdient es wenig beim Handel. Zusätzlich gerät die einheimische Wirtschaft durch billige Konkurrenz aus dem Ausland unter Druck.
INTERVIEW: HANNES KOCH
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