Ökobilanz des Internets: Klimakiller in den Büros
Einmal Angebot einstellen bei ebay schluckt so viel Strom wie eine Stunde Licht aus der Sparlampe. Ineffiziente Internetserver und PCs sind nicht nur umweltschädlich, sondern auch teuer.
Ein Computer hat keinen Auspuff. Zum Glück. Hätte er einen, würde es im Büro stinken: Bei jedem Klick im Internet käme eine graue Wolke aus dem Lüftungsschlitz. Denn die komplette Informations- und Kommunikationsindustrie produziert im Jahr genau so viel Klimagase wie der weltweite Flugverkehr.
Jeder Klick kostet Energie, und zwar nicht für den, der vor dem Bildschirm sitzt, sondern in den riesigen Rechenzentren, wo die Daten gespeichert und abgerufen werden. Einmal Suchen bei Google: Acht Wattstunden. Ein Angebot bei Ebay einstellen: 30 Wattstunden. Dafür könnte man eine Sparlampe vier Stunden brennen lassen. "Und das ist für Internetverhältnisse schon ziemlich gut", sagt Rolf Kersten vom Hard- und Softwarehersteller Sun Microsystems. Denn Internetgiganten wie Google oder Ebay zahlen mehrere Millionen Dollar für Strom - pro Monat. Da ergibt sich der Zwang effizient mit Strom umzugehen von allein.
"Das Second Life aber zum Beispiel ist so schnell gewachsen, da ging es zunächst nicht um Energieeffizienz", sagt Kersten. Entsprechend hoch sind die Klimaschäden. Ein Avatar, ein "Mensch" in der virtuellen Welt, verbraucht wenn er 24 Stunden täglich am Second Life teilnimmt, genauso viel Energie wie ein Durchschnittsbrasilianer aus Fleisch und Blut. Die Stromkosten in Deutschland haben sich in den vergangenen fünf Jahren fast verdoppelt. Die Stromrechnung von Rechenzentren übertrumpft längst die Kosten für Anlagen und Mitarbeiter. Daher ist es nicht die reine Umweltliebe, wenn einige Anbieter nun ankündigen, Strom sparen zu wollen. Der Internet-Serviceanbieter Strato ist diesen Schritt bereits gegangen: Um 30 Prozent konnte das Unternehmen den Energieaufwand pro Kunde senken. Das Unternehmen hat alle Phasen des Betriebsablaufs auf Stromsparmöglichkeiten überprüft. Nicht genutze Rechner werden nachts abgeschaltet, außerdem verabschiedete sich das Unternehmen von immer schnelleren und stromfressenden Chips. "Die Hochleistungschips sind wie ein Auto, das alles kann: schwimmen, fliegen und fahren. Das verbraucht unglaublich viel Sprit", sagt Damian Schmidt, Vorstandsvorsitzender bei Strato.
"Man will aber eigentlich nur zum Einkaufen in die Stadt. Daher ist das Superfahrzeug total unsinnig. Die Chips, die wir verwenden, sind wie ein Bus: Man kommt ans Ziel, verbraucht aber nur wenig Energie." Großes Sparpotential bietet die Kühlung der Rechner, die am allerstärksten zu Buche schlägt. Zusammen mit der TU Berlin hat Strato daher ein energiesparendes Klimasystem entwickelt. Auch durch optimale Software wird Strom gespart, denn wenn die Computer erst dreimal um die Ecke rechnen müssen, kostet das Energie. Wenn Strato 30 Prozent weniger Energie pro Kunde verbraucht, heißt das allerdings noch nicht, dass der Gesamtverbrauch sinkt.
Denn es gibt immer mehr Kunden und immer größere technische Möglichkeiten: Videos im Netz oder Fotocommunities, die riesigen Speicherplatz benötigen, sind schon heute alltäglich. Auch die wachsende Zahl an Spam-Emails ist teuer: 95 Prozent der elektronischen Post, die auf den Strato-Servern eingeht, ist Spam. Unglaublich viel Stromverbrauch für nichts als Müll. Was also kann der normale Computer- und Internetnutzer tun? Computer mit Spitzenleistungen sind in Deutschland so billig, dass sich jeder Otto-Normal-Nutzer einen Hochleistungsrechner anschafft, den er meist nur zu einem Bruchteil nutzen kann. Einmal zu Hause wird allerdings nicht mehr aufs Geld geachtet: Die Rechner saugen hemmungslos Strom aus den Leitungen, viele Nutzer lassen ihre Computer Tag und Nacht laufen oder auf Standby.
Nur etwa jeder zweite nutzt die Stromsparfunktionen der neuen Rechner. Die versetzen das Gerät, wenn es nicht genutzt wird, in eine Ruhephase. Diese Funktionen muss man nach dem Kauf meist erst noch aktivieren. Das Ökoinstitut gibt auf der Seite www.ecotopten.de Tipps, welche Computer Strom sparend sind. Auch auf der Seite www.Stromeffizienz.de gibt es Verbraucherratschläge.
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