Selbst-Justiz : Ochse im Joch
Was erschreckt, ist die Hemmungslosigkeit. Ein Behördenpapier wurde an die Presse lanciert – in einer Medienstadt wie Hamburg ein alltäglicher Vorgang. Und nicht wenige Politiker aller Parteien lancieren gerne mal selbst was, um sich Vorteile oder zumindest eine freundliche Schlagzeile zu verschaffen. Von Hochverrat keine Spur.
Kommentarvon SVEN-MICHAEL VEIT
In der Chefetage der Innenbehörde sollte eine Personalie getrickst werden – nicht ganz legal und deshalb aus Sicht der Beteiligten unschön, dass es aufflog, aber ebenfalls keine Staatsaffäre. Die wurde erst daraus gemacht, in einem schmutzigen Spiel.
Denn auf politischen Druck ließ sich die Staatsanwaltschaft darauf ein, Spionagevorwürfe zu konstruieren, erstmals in der Hamburger Nachkriegszeit eine Parteizentrale mit einer Razzia heimzusuchen und das Fernmeldegeheimnis anzutasten. Und fand heraus, dass der Pressesprecher jener Partei zum fraglichen Zeitpunkt mehrfach mit der Presse gesprochen hatte.
Die Farce, die es anfangs zu sein schien, wird somit zu einem Skandal mit politisch weitreichenden Dimensionen. Mit einem Auftraggeber, der hemmungslos alle Machtmittel zu nutzen bereit ist, und einem Auftragnehmer, der bereitwillig zu Diensten ist.
Teile der Staatsanwaltschaft, so will es scheinen, ließen sich vor den politischen Karren sperren. Wer das tut, ist ein Ochse. Im Joch der Selbst-Justiz.