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Oberster Sowjet im Debattenrausch

■ Plenarsitzung des Parlaments will jeden Ministerposten diskutieren / Umweltministerposten unbeliebt

Moskau (afp) - Der Oberste Sowjet der UdSSR hat gestern in einer Plenarsitzung damit begonnen, die Kandidatenliste von Regierungschef Ryschkow für das 57 Ministerämter umfassende Kabinett Posten für Posten zu diskutieren und zu verabschieden. Mit seinem Vorschlag, nur die in den Ausschüssen umstrittenen Fälle zu behandeln, war Staats- und Parteichef Gorbatschow zuvor gescheitert.

Die gemeinsame Sitzung beider Kammern des neuen Arbeitsparlaments ernannte schließlich Lew Woronin zu einem der drei Ersten Stellvertretenden Ministerpräsidenten, nachdem er sich zuvor den Fragen der Abgeordneten gestellt hatte. Der Oberste Sowjet hat bei der Regierungsbildung das letzte Wort.

Zur Eröffnung der Sitzung hatte Gorbatschow vorgeschlagen, die Debatte solle sich doch auf die Posten konzentrieren, deren Besetzung in den Ausschüssen umstritten geblieben war. Die Mehrheit entschied aber, über alle Ministerkandidaten zu diskutieren. Nach der Wahl Woronins begannen die Abgeordneten mit der Befragung von Gosplan-Chef Juri Masljukow, der ebenfalls für das Amt eines Ersten Vizepremiers kandidiert. Ryschkow hatte am Dienstag mitgeteilt, daß neun Regierungsposten vorerst unbesetzt bleiben müssen, weil sechs seiner Kandidaten in den Ausschüssen durchgefallen waren, zwei weitere ihre Kandidatur zurückzogen und für den Chefsessel im Umweltministerium kein Bewerber aufzutreiben war. Der Inhaber dieses Amtes, Fjodor Morgun, will aus dem Kabinett ausscheiden, weil er das Pensionsalter erreicht hat. Vier führende Mitglieder der Akademie der Wissenschaften, die er gebeten habe, Umweltminister zu werden, so berichtete der Regierungschef, hätten das Angebot abgelehnt.

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