: Oberste Richter räumen Trump den Weg frei
In den USA hebt der Oberste Gerichtshof ein richterliches Verbot der überhasteten Abschiebung von Migrant*innen in Drittländer wie Südsudan auf

Von Bernd Pickert
Erneut hat die konservative Richter*innenmehrheit am Obersten Gerichtshof der USA Hilfestellung geleistet, damit Präsident Donald Trump seine „größte Abschiebeaktion der US-Geschichte“ weiter umsetzen kann. Am Montag entschied der Gerichtshof mit 6:3 Stimmen, dass die Regierung zumindest vorerst Migrant*innen in aufnahmewillige Drittländer abschieben darf, deren Staatsbürger sie nicht sind.
Ein Bundesrichter aus Boston hatte vor rund einem Monat die Abschiebung einer Gruppe von wegen begangener Straftaten in den USA verurteilter Migrant*innen aus Kuba, Vietnam, Myanmar, Laos und Mexiko in den Krisenstaat Südsudan gestoppt. Die Männer waren zu diesem Zeitpunkt bereits überhastet auf eine US-Militärbasis in Dschibuti geflogen worden und sitzen seither dort in Gewahrsam. Nach Ansicht des Richters hätten die Männer Zeit bekommen müssen, mögliche Nachteile wie etwa drohende Folter darzulegen. Er ordnete an, bei künftigen Fällen müsste die Regierung landesweit den Betroffenen mindestens 10 Tage Zeit und rechtliches Gehör gewähren.
Die Regierung hatte daraufhin argumentiert, der Richter mische sich unzulässigerweise in außenpolitische Angelegenheiten ein.
Jetzt hat der Oberste Gerichtshof ohne weitere Begründung die Anordnung des Bostoner Richters außer Kraft gesetzt, ohne aber in der Hauptsache schon entschieden zu haben. Das heißt, Abschiebeflüge in Drittländer wie Südsudan oder El Salvador, dessen Regierung von den USA Millionenbeträge dafür erhält, angebliche Kriminelle in das berüchtigte Decot-Gefängnis zu sperren, sind vorerst wieder erlaubt.
Tricia McLaughlin, Sprecherin des Heimatschutzministeriums, nannte das Urteil einen „Sieg für die Sicherheit des amerikanischen Volkes“. Das Ministerium können nunmehr „seine legale Autorität ausüben und illegale Ausländer in ein aufnahmewilliges Land abschieben.“
Ein regelrecht wütendes Minderheitsvotum veröffentlichte die liberale Oberste Richterin Sonia Sotomayor. „Offensichtlich findet das Gericht die Vorstellung, dass Tausenden in abgelegenen Gegenden Gewalt angetan wird, angenehmer als die unwahrscheinliche Möglichkeit, dass ein Bezirksrichter seiner Befugnisse überschritten haben könnte“, schreibt sie.
Leila Kang, eine Anwältin des Northwest Immigrant Rights Projects im US-Staat Washington, warnt vor katastrophalen Konsequenzen. „Das Urteil setzt Tausende von Menschen der Gefahr einer Abschiebung in ein Drittland aus, wo sie Folter oder Tod erwarten könnten, selbst wenn die Abschiebungen klar rechtswidrig sind“, klagt sie.
Erst vor wenigen Tagen hatte der Oberste Gerichtshof entgegen zahlreicher Urteile und Anordnungen unterer Instanzen der Trump-Regierung zugestanden, Hunderttausenden Migranti*innen aus Kuba, Nicaragua, Venezuela und Haiti einen Schutzstatus zu entziehen, den sie angesichts der Lage in den Herkunftsländern seit einigen Jahren genossen.
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