Obama verbietet Streubombenexport: Yes, he can!
US-Präsident Barack Obama schränkt den Export von Streumunition so drastisch ein, dass ein komplettes Verbot jetzt logisch wäre.
WASHINGTON taz Im Nachtragshaushalt, den US-Präsident Barack Obama am Dienstag unterzeichnete, ist eine Regelung versteckt, die künftig den Export von Streubomben verbietet. Dieses Verkaufsverbot sei "eine Wende in der US-Politik", begrüßten jetzt Kritiker der sogenannten cluster bombs Obamas Schritt, mit dem er sich über Forderungen des Pentagons hinwegsetzte.
Streubomben zählen zu den gefährlichsten Waffenarten: Sie enthalten eine Vielzahl kleinerer Bomben, die sich beim Abwurf weiträumig verteilen. Viele dieser Miniatursprengsätze gehen beim Aufprall auf dem Erdboden nicht sofort hoch, sondern liegen jahrelang unentdeckt im Gelände herum. Sie explodieren bei der geringsten Berührung. Die neue Regelung sieht vor, dass die Bomben eine Selbstzünder-Fehlerquote von weniger als einem Prozent haben müssen - ein Limit, dass kaum eine in den USA hergestellte Streubombe erfüllt. Beobachter halten die neue Regelung für so strikt, dass es unwahrscheinlich sei, dass die USA jemals wieder Streubomben exportieren werde.
Zuletzt wurden 2006 rund eine Million Streubomben von Israel gegen die Hisbollah im Südlibanon eingesetzt. Die USA setzten die Clusterbomben im Kosovokrieg 1999 sowie im Irakkrieg 2003 ein, wo Blindgänger bis heute zahlreiche Menschenleben gefährden. Kritiker glauben, dass die USA hunderttausende Streubomben in insgesamt 28 Länder exportiert haben. Die USA lehnen bislang ebenso wie Russland, China und andere Herstellerländer eine Konvention zur internationalen Ächtung von Streubomben ab.
Obamas Schritt wurde im US-Kongress begrüßt. Die demokratischen Senatoren Dianne Feinstein und Patrick Leahy haben außerdem angekündigt, jetzt über das Exportverbot hinaus erreichen zu wollen, dass den US-Streitkräften der Einsatz dieser umstrittenen Waffen dauerhaft untersagt wird.
Gemäß der Neuregelung darf das US-Militär Clustermunition noch unverändert bis 2018 einsetzten und muss erst danach die technisch verbesserte Version mit unter einem Prozent Fehlerquote anwenden. Noch im Juli 2008 hatte der jetzige und damalige US-Verteidigungsminister Rob Gates den Einsatz von Streubomben in einem dreiseitigen Dokument ausdrücklich verteidigt. Darin bezeichnet er die Bomben als "legitime Waffen mit eindeutigem militärischen Nutzen".
Für die Menschenrechtsorganisation Human Rights Watch (HRW) ist das Exportverbot ein klares Zeichen, dass die Obama-Regierung eine umfassende Revision der US-Politik in dieser Frage anstreben sollte. "Wenn es für ausländische Armeen inakzeptabel ist, diese Bomben einzusetzen, warum sollte es dann unserem eigenen Militär erlaubt bleiben?", fragt HRW-Waffendirektor Steve Goos.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Nach dem Anschlag in Magdeburg
Rechtsextreme instrumentalisieren Gedenken
Anschlag in Magdeburg
„Eine Schockstarre, die bis jetzt anhält“
Anbrechender Wahlkampf
Eine Extraportion demokratischer Optimismus, bitte!
EU-Gipfel zur Ukraine-Frage
Am Horizont droht Trump – und die EU ist leider planlos
Exklusiv: RAF-Verdächtiger Garweg
Meldung aus dem Untergrund
Bundestagswahl am 23. Februar
An der Wählerschaft vorbei