OFF-KINO: Filme aus dem Archiv – frisch gesichtet
Gerade haben sie sich noch angegiftet, der französische Landwirt Aymé (Michel Blanc) und seine Gattin, die mal eben nach den Kühen sehen will. Allerdings ist die Melkmaschine schon lange kaputt, und so verschmort die Bäuerin im nächsten Moment im Kuhstall. Regisseurin Isabelle Mergault erzählt das tödliche Missgeschick in ihrer Komödie „Sie sind ein schöner Mann“ (2005) knapp und mit bösem Witz. Aymé ist sowieso nicht sonderlich betroffen, allerdings fehlt ihm auf dem Hof nun eine Arbeitskraft, und mit dem Haushalt kommt er auch nicht zurecht. Und während er seinen Nachbarn vorflunkert, er besuche eine Landwirtschaftsausstellung in Hannover, ist er tatsächlich bereits zehn Tage später mit einer Heiratsvermittlerin auf dem Weg nach Rumänien, um eine neue Frau zu suchen. Der Film hält staubtrockenen Humor, Aymés komplizierte Beziehungsgeschichte mit der neuen Braut Elena (Medeea Marinescu) und – angesichts der Abwanderung aus Rumänien, wo es den Leuten schwerfällt, ihren Lebensunterhalt zu verdienen – einen Hauch von Sozialkritik gut in der Balance: Aymés Abenteuer mit ausreisewilligen rumänischen Diskomäuschen, die dem 50-jährigen Kahlkopf dauernd „Je vous trouve très beau“ entgegenflöten, sind da ebenso komisch, wie seine Überforderung mit der jungen hübschen Frau, die plötzlich einen weiblichen Touch in seinen Alltag bringt, anrührend erscheint.
Bekanntlich beruht der schlussendliche Erfolg von „Casablanca“ (1943) eher auf Zufällen: Ursprünglich wollte das Studio angeblich Ronald Reagan anstelle von Humphrey Bogart besetzen, und als dann endlich gedreht wurde, war das Drehbuch noch gar nicht fertig und wurde täglich umgeschrieben – die arme Ingrid Bergman wusste nie, ob sie am Ende mit dem Barbesitzer Rick (Bogart) oder dem Widerstandskämpfer Victor Laszlo (Paul Henreid) ins Flugzeug steigen würde. Doch den Widrigkeiten zum Trotz entstand einer der schönsten Filme des alten Hollywood-Studiosystems: Regisseur Michael Curtiz, ein Regisseur mit Sinn für Action, Stimmung und Dramatik, inszenierte ein überaus vielschichtiges Werk, das mühelos zwischen Liebes- und Propagandafilm laviert, melodramatisch, humorvoll und bis in kleinste Nebenrollen exzellent besetzt ist. Klassisches Starkino.
Ein Großaufgebot von Stars gibt es auch in „Mars Attacks!“ (1996) zu sehen, Tim Burtons überkandidelte Satire auf Endzeit-Science-Fiction und wahnwitzigen Medienrummel. Albern und böse geht es zu, als fiese kleine (und selbstredend grüne) Marsmännchen die Erde kolonisieren wollen: Die Militärs sind machtlos, die Presse zeigt sich begeistert, und der US-Präsident (Jack Nicholson), ein Schmierenkomödiant ersten Ranges, findet schließlich sein verdientes Ende, ebenso wie die First Lady (Glenn Close), die beim Einsturz des Weißen Hauses vom Nancy-Reagan-Gedächtniskronleuchter erschlagen wird. Die Rettung ist dann allerdings zutiefst amerikanisch: Die Aliens erweisen sich als allergisch gegen Hillbilly-Musik und explodieren einfach. LARS PENNING
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