Nur die Behörden bremsen: Schlummernde Ideen
Viele Initiativen und Geschäftsideen scheitern an der Bürokratie. Wassertaxis gibt es deshalb immer noch nicht, auch keinen Container, der Produkte von Berliner Designern an wechselnden Orten zeigt
Ein bisschen hat Torsten Königs seine Idee schon begraben, aber noch nicht ganz. Immer wenn er zum Fenster seines Ladens in der Zimmerstraße am Checkpoint Charlie schaut, guckt er auf diesen hässlichen Baucontainer auf der anderen Straßenseite und denkt, das könnte auch meiner sein! Schicker natürlich, mit Fenstern vielleicht und nicht so ein Klotz, der einfach nur rumsteht und Bauarbeitern als Bude dient. Nein, sein Container sollte strahlen und im Innern die Kreativität der Stadt widerspiegeln. Die Idee dazu kam ihm eines Abends im Herbst 2005, als er mit seinem Kollegen und Freund Stephan Schmidt am Potsdamer Platz spazieren ging. "Da gibt es nichts, was etwas über die Stadt erzählt, nicht mal eine Currywurstbude", sagten sich die zwei und überlegten, wie man ein bisschen Schwung an diesen berühmten Ort bringen könnte.
Das Projekt boxoffberlin war geboren. Ein Container voll mit Produkten der Berliner Designer-Szene sollte zeigen, was die Stadt alles hervorbringt, natürlich zum Kaufen und Anfassen. Anfangs dachten die zwei Kreativen aus der Film- und Medienbranche noch, das mit den Genehmigungen sei schnell erledigt, denn schließlich sollte ihr Container ja wandern. Das Gastspiel am Potsdamer Platz würde nur der Anfang sein. "Wir dachten, das sei eine gute Werbung für die Stadt, wenn der Container auch mal mitten in Paris, London oder Sidney steht", so Königs.
Doch Königs und Schmidt hatten nicht mit der Bürokratie gerechnet. Wohlwollende Interessensbekundungen verschiedener Senatoren hatten sie zwar bald in der Tasche, doch die Beamten, die für die Genehmigungen zuständig sind, machten einen Strich durch die Rechnung. Probleme mit dem Grünflächenamt und diversen anderen Ämtern im Bezirk Mitte ließ sie alsbald mit ihrem Anliegen zum Senat weiterwandern. Doch auch da kamen die beiden Gründer nicht weiter. "Wahrscheinlich braucht man Beziehungen", vermutet Königs und hofft, dass die sich eines Tages doch noch ergeben. Bis es so weit ist, verkauft boxoffberlin originelle Berlin-Souvenirs, Streetart-Kunst in einer Box aus Stein, einem Laden im Berliner Altbau der Jahrhundertwende.
Auch Gerhard Hess hat noch nicht aufgegeben. Er kämpft seit über sechs Jahren dafür, dass auf den Berliner Flüssen und Kanälen endlich Wassertaxis fahren dürfen. Wenn er sein schickes Motorboot, der Nachbau eines New Yorker Wassertaxis aus den 1920er-Jahren, die Spree rauf und runter lenkt, sitzen bislang allenfalls private Ausflugsgäste mit an Bord. Während in Amsterdam, Basel, Sidney oder New York das Nutzen eines Taxis auf dem Wasser längst zum Alltag gehört, gab es in Deutschland bis vor kurzem nicht mal eine Rechtsgrundlage dafür. "Für das Führen eines Schiffes brauchte man generell ein Kapitänspatent und zwei Mitarbeiter an Bord", erzählt Hess. Das ist vor zwei Jahren zwar geändert worden, doch weiter kam Hess deshalb nicht.
Der gelernte Bootsbauer und Bürokaufmann darf nämlich bislang nirgendwo in der Innenstadt anlegen, weil die Anleger jeweils den Reedereien der Ausflugsdampfer gehören. "Die mussten die früher kaufen und lassen deshalb keinen anderen dort halten." Für neue Anleger extra für die Wassertaxis hat der Senat kein Geld und Hess selber auch nicht, zumal ihm allein die Genehmigung für einen einzigen Ein- und Ausstieg an Land schon einen Gänsehaut über den Rücken jagt. "Für das Ufer ist der jeweilige Bezirk zuständig, für den Steg im Wasser das Wasser- und Schifffahrtsamt." Man kann sich ausmalen, wie lange da die Ämtermühlen mahlen. Dennoch: "Ich bin sicher, dass die Wassertaxis irgendwann fahren", ist Hess zuversichtlich. Genauso wie Königs vermisst er eine Anlaufstelle beim Berliner Senat, die beim Ämtermarathon unter die Arme greift. Die gibt es zwar bereits, die Zentrale Anlauf- und Koordinierungsstelle für Unternehmen (ZAK), doch von deren Arbeit sind Hess und Königs nicht überzeugt. "Die haben nichts zu sagen", so Königs. Er träumt von einer Art Task Force durch den Ämterdschungel.
Gute Ideen setzen sich dennoch mitunter durch, genügend Beispiele für den Erfolg konsequenten Durchhaltens im Kampf mit den Behörden gibt es jedenfalls genug. Das Berliner Unternehmen Velotaxi etwa hatte vor rund zehn Jahren große Mühen, eine Lizenz zum Fahren seiner Rikschas auf öffentlichen Straßen zu bekommen. Und auch der Berlin-Marathon bekam in seiner Anfangsphase 1980 nichts als Scherereien. Der Marathon-Gründer Horst Milde wurde damals von der Polizei sogar für verrückt erklärt, als er forderte, die Straßen für die Läufer zu sperren. Doch der Kampf mit den Behörden hat sich gelohnt. Heute gilt der Berlin-Marathon mit rund 40.000 Teilnehmern als einer der größten weltweit. Und die Berliner Velotaxis gibt es mittlerweile nicht nur in Berlin, sondern auch in vielen anderen Metropolen.
bob - boxoffberlin, Zimmerstr. 11, 10969 Berlin (Kreuzberg) Tel. (0 30) 44 70 15 55, www.boxoffberlin.de tägl. ab 11 Uhr
SpreeCab GmbH Marienstr. 19/20, 10117 Berlin (Mitte), Tel. (0 30) 28 48 21 03, www.spreecab.de
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