Normalität in Harare: Ruf nach Generalstreik verhallt
Ein Aufruf von Simbabwes Opposition zum Generalstreik wird kaum befolgt. Manche wissen nichts davon, manche haben Angst, die meisten haben ohnehin keine Arbeit.
HARARE taz Der Aufruf zum Generalstreik, mit dem Simbabwes Opposition die Veröffentlichung der Wahlergebnisse vom 29. März erzwingen will, ist am Dienstag kaum befolgt worden. In den zentralen Geschäftsvierteln und den Industriegebieten der Hauptstadt und in Bulawayo, der zweitgrößten Stadt des Landes, liefen die Geschäfte völlig normal, wenngleich einige Läden ein wenig später öffneten als sonst. Offenbar haben viele Menschen von dem Vorhaben schlicht nichts erfahren - doch die Opposition klagt auch über massive Einschüchterung.
Die Bewegung für demokratischen Wandel (MDC) hatte zu dem Streik aufgerufen, nachdem der Oberste Gerichtshof es abgelehnt hatte, die Wahlkommission zur Veröffentlichung der Ergebnisse zu verpflichten.
Die Opposition geht davon aus, dass ihr Kandidat Morgan Tsvangirai die Wahlen mit dem erforderlichen Stimmanteil von mindestens 51 Prozent gewonnen hat und zum Sieger und designierten Staatspräsidenten erklärt werden müsste. Die Wahlkommission hält die Wahlergebnisse seit nunmehr 16 Tagen zurück. Zanu-PF, die Partei des Präsidenten Robert Mugabe, besteht dennoch darauf, es müsse eine Stichwahl abgehalten werden.
In Erwartung gewaltsamer Proteste zeigte Simbabwes Anti-Aufstandspolizei starke Präsenz in den Straßen. Hundertschaften der Polizei wurden auch in die Vororte Harares geschickt. An den Einfallsstraßen ins Zentrum Harares wurden Straßensperren errichtet. An einer Straßensperre im dichtbevölkerten Vorort Mbare ließ die Polizei alle Insassen eines Busses aussteigen, um sie einzeln zu durchsuchen.
"Was für ein Streik ist das? Wer hat dazu aufgerufen?", fragt Supermarktmitarbeiterin Justine Mbetu, 40, auf dem Weg zur Arbeit: "Ich weiß von nichts." Es gibt in Simbabwe keine unabhängigen Tageszeitungen, und die von der Regierung kontrollierten Medien verlieren über die Aktivitäten der Opposition kein einziges Wort.
Sibongile Mapala, 29, Verkäufer in einem Eisenwarenhandel, hat vom Streik gehört: "Der Aufruf der MDC ist richtig, aber einige von uns können nicht streiken. Mein Chef hat uns gesagt, dass wir gefeuert sind, wenn wir nicht zur Arbeit erscheinen."
Aber es gibt noch einen Grund, warum der Streik nicht in Gang kommt. Rund 85 Prozent aller Simbabwer sind arbeitslos; sie leben vom Kleinhandel in der informellen Wirtschaft - ein Streik bedeutet für sie, noch weniger Geld zu haben. "Streik heißt, dass ich meinem eigenen Geschäft nicht nachgehe. Ich muss hungern, wenn ich das mache," sagt Robert Kandiyero, ein Geldwechsler in Harare.
Den ganzen Tag über wollte die Opposition am Dienstag überall im Land Flugblätter verteilen, in denen für den heutigen Mittwoch zur Arbeitsniederlegung aufgerufen wird - unbefristet, bis die Wahlergebnisse vom 29. März veröffentlicht sind.
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