Nordelbien wählt eine neue Bischöfin: Insiderin gegen Intellektuelle
Die Nordelbische Kirche wählt heute eine neue Bischöfin für den Sprengel Hamburg-Lübeck. Zwei Frauen stehen zur Wahl. Die Gewinnerin wird Macht verlieren.
HAMBURG taz | Sie wird die Nachfolgerin einer Frau, deren Wahl weltweit Schlagzeilen machte. Sie wird die höchste Vertreterin der Protestanten in zwei stolzen Städten und Teil einer vielleicht einmal beispielhaften Fusion von Kirchen aus Ost und West. Man könnte denken, der Posten sei attraktiv, den das Parlament der Nordelbischen Kirche am Freitag vergeben wird: Bischöfin des Sprengels Hamburg-Lübeck.
Den Posten hatte zuvor Maria Jepsen inne - bei ihrer Wahl die weltweit erste evangelisch-lutherische Bischöfin. Jepsen ist im Juli des vergangenen Jahres zurückgetreten, weil ihr Untätigkeit bei Fällen von sexuellem Missbrauch in Ahrensburg vorgeworfen wurde und sie ihre Glaubwürdigkeit gefährdet sah.
Die Bischöfe in Nordelbien sind die leitenden Geistlichen - die Verwaltung hat eine eigene Chefin. Bei dem Amt geht es also mehr um Theologie als um Management. In der Nordelbischen Kirche gibt es heute zwei solcher Posten. Bis 2008 waren es noch drei und Lübeck war unabhängig von Hamburg. Auch in Lübeck waltete eine Frau des Amtes: Bärbel Wartenberg-Potter.
Deutschlandweit gibt es in den 21 Landeskirchen derzeit nur eine Bischöfin und die kommt nicht aus Nordelbien. Das Kandidaten-Suchgremium der nördlichsten Landeskirche brauchte ein Vierteljahr länger als geplant, um die zwei Frauen zu finden, die jetzt zur Wahl stehen: die Hamburger Pröpstin Kirsten Fehrs und Petra Bahr, die Kulturbeauftragte der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD) aus Berlin. Sie waren wohl nicht die erste Wahl der kirchlichen Headhunter.
Fehrs hat ihr ganzes Berufsleben in Nordelbien verbracht. Sie war vier Jahre lang Gemeindepfarrerin in Hohenweststedt bei Neumünster, kümmerte sich um die Bildungsarbeit mit Erwachsenen im Kirchenkreis Rendsburg und wechselte dann ins Management auf eine Pfarrstelle für Personal- und Organisationsentwicklung im Kirchenkreis und Nordelbien.
Seit 2006 ist sie Pröpstin im Kirchenkreis Hamburg-Ost: Sie leitet die Verwaltung und ist Vorgesetzte der Pastoren in diesem Bereich. Fehrs sucht den Dialog mit Politik und Wirtschaft, anderen christlichen Kirchen und anderen Religionen. Sie sagt, sie stehe für eine politische Kirche ein: "Wo die Würde des Menschen angetastet ist, müssen wir laut und vernehmlich protestieren."
Petra Bahr hat keine Erfahrung in der nordelbischen Kirche. Bahr absolvierte zuerst an einer Uni eine journalistische Ausbildung, studierte Theologie und promovierte in Basel. Zwischendurch arbeitete sie ein Jahr bei einer Unternehmensberatung. Sie forschte und lehrte rund fünf Jahre lang zu theologischen Fragen. Seit 2006 ist sie die erste Kulturbeauftragte der EKD.
Bahr versteht Kirche auch als "Ort des Fragens und Zögerns" und will "an der Seite der Schwachen" stehen. Sie will sich auch um die passiven Kirchenmitglieder kümmern, "deren Konfession unsichtbar bleibt", und wie Fehrs den Dialog mit der Zivilgesellschaft und den anderen Religionen. "Wir brauchen keinen Kampf der Kulturen, sondern einen Kampf um Kultur, in unserer Gesellschaft, wo Stimmungen schnell in Ressentiments umschlagen", sagt sie.
Die Nordelbische Kirche wird es wohl schon Pfingsten 2012 nicht mehr so wie jetzt geben. Sie fusioniert mit den beiden protestantischen Kirchen aus Mecklenburg-Vorpommern zur Nordkirche. Diese bekommt einen gemeinsamen Landesbischof - die neue Bischöfin geht dann in die zweite Reihe.
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