Nord-Stream-Sprecher über Ostsee-Pipeline: "Politisch motiviert"
Ob Umwelt, Sicherheit oder Kosten: Kritik an der Ostsee-Pipeline weist Nord-Stream-Sprecher Jens Müller zurück.
taz: Herr Müller, als "ernsthafte Bedrohung für die Biodiversität und die Bewohner in der Region" wird die geplante Ostseepipeline jetzt in einem EU-Berichtsentwurf beurteilt - ein weiterer Schritt hin zum politischen Aus des Projekts?
Jens Müller: Nein. Es handelt sich ja auch erst um den Entwurf eines Ausschussvorsitzenden im EU-Parlament. Und man sollte nicht mit Sorgen der Menschen aus politischen Interessen spielen. Unsere Experten bestätigen uns, dass wir die umfassendsten Untersuchungen zum Leitungsverlauf durchführen, die es je gegeben hat. Damit können wir negative Umwelteinflüsse minimieren.
Welche Experten sind denn das?
Zum Beispiel das dänische Planungs- und Infrastrukturunternehmen Ramboll. Auf der Basis von deren Untersuchung sehen wir uns laufend nach Alternativen und Optimierungen und ändern den Routenverlauf.
Haben Sie auch bei Ökoinstituten oder Umweltschutzorganisationen Berichte in Auftrag gegeben?
Nein, denn unsere Untersuchungen sind Gegenstand nationaler Genehmigungsprozesse. In diese sind selbstverständlich Umweltschutzverbände einbezogen.
Und die sprechen von Naturschutzgebieten, durch die die Leitung führen soll und von Tonnen von Minen, die in der Ostsee lagern und durch den Bau hochgehen könnten.
Wir nehmen Umweltbedenken außerordentlich ernst. Deshalb untersuchen wir umfassend und optimieren Routenplanungen. Außerdem liegt die Pipeline am Meeresboden, das hat also weniger Einfluss auf die Sedimente als etwa das geplante Seekabel zwischen Litauen und Schweden, das vergraben wird.
Wie steht es um Vogel- und Trinkwasserschutzgebiete?
Derzeit führt ein Abschnitt durch ein Natura-2000-Gebiet beim Greifswalder Bodden. Jede weitere Landroute, wie es der EU-Entwurf nahe legt, würde mehr Naturschutzregionen betreffen.
Halten Sie die Kritik an dem Projekt angesichts der Umweltbedenken wirklich für rein politisch motiviert?
Ja. Denn andernfalls dürfte es überhaupt keine Investitionen in der Ostsee geben.
Das Projekt soll laut Gazprom nun mit 7,4 Milliarden Euro 2 Milliarden mehr kosten als geplant. Aber für zinsverbilligte Kredite der Europäischen Investitionsbank (EIB) sieht es schlecht aus, weil der Widerstand vor allem bei Polen und dem Baltikum so groß ist.
Wir haben nie behauptet, auf die Finanzierung der EIB angewiesen zu sein. Es gibt Gespräche mit mehreren anderen Banken. Und ja, die Kosten sind jetzt höher als vor langer Zeit geplant gewesen. Aber mit einer solchen Entwicklung ist jedes Infrastrukturprojekt konfrontiert.
INTERVIEW: CHRISTINE ZEINER
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