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Norbert Schultze, Schlagerkomponist

Bereits während seines Musikstudiums in Köln fühlt sich der junge Norbert Schultze zur Unterhaltungsmusik hingezogen und arbeitet nebenher als Pianist in einer Tanzschule. 1931 kommt er zum Studentenkabarett „Die vier Nachrichter“. 1932 gastieren die „Nachrichten“ mit einer Goethe-Revue in Berlin. In der Künstlergruppe „Groschenkeller“ lernt Schultze die spätere Lili-Marleen-Sängerin Lale Andersen kennen.

Sie hat in ihrem autobiografischen Roman „Der Himmel hat viele Farben“ diese erste Begegnung so geschildert, dass Schultze, Sohn aus gutem Hause, eines Morgens bei ihr auftaucht, einen Rosenstrauß überreicht und sie überredet, „Lili Marleen“ fortan in seiner Vertonung zu singen.

Tatsächlich schickte Schultze der Sängerin seine Melodie erst sechs Jahre später zu. Wahr ist dagegen, dass Lale Andersen Lili Marleen zuerst in der Fassung ihres zeitweiligen Klavierbegleiters Rudolf Zink sang. In einem Interview von 1939 sagte Lale Andersen, dass es die Plattenfirma war, die bei den Aufnahmen zu „Lili Marleen“ auf der Schultze-Fassung bestand, ihr selbst sei Zinks „lyrische Musik“ lieber gewesen.

Bevor er 1938 sein berühmtes Stück schreibt, geht Schultze 1932 als Kapellmeister ans Stadttheater Heidelberg. Dort darf er die Opernaufführungen nach den Premieren dirigieren. Bewerbungen an großen Opernhäusern scheitern, statt dessen dirigiert Schultze in Leipzig Operetten und Revues, tourt wieder mit den „Nachrichtern“ und geht dann als Aufnahmeassistent zu AEG-Telefunken nach Berlin, wo er auch Musik für Werbspots verfasst. In dieser Zeit entsteht die Kinderoper „Schwarzer Peter“, mit der er 1936 bekannt wird. Schultze ist gerade mal 25.

Seine erste Nachkriegsfilmmusik schreibt Schultze 1948, der Film heißt „Es kommt ein Tag“. 1951 wandert Schultze mit Frau und Kindern nach Brasilien aus, kehrt 1952 reumütig zurück und produziert massenweise Filmmusik. Schultze nimmt Platten mit Hans Albers und Rudolf Schock auf und schreibt die TV-Oper „Peter der Dritte“. Seine beträchtlichen GEMA-Einnahmen verspielt er in den Casinos von Baden-Baden, Travemünde und Bad Homburg.

Daneben setzt sich Schultze für die Bühnenkomponisten ein. 1957 wird er in den Vorstand der Dramatikerunion berufen; von 1966 bis 1972 wählen ihn die Kollegen zum Musikpräsidenten des, wie es nun heißt, „Verbandes der deutschen Bühnenschriftsteller und Bühnenkomponisten“. Noch bis 1975 ist er dessen Geschäftsführer.

In den Siebzigerjahren lässt die Produktivität nach. Schultze dirigiert gelegentlich noch Revuen, schreibt Arrangements und verfasst Märchenmusik. Als 1991 seine Ehefrau, die Sängerin Iwa Wanja, stirbt, zieht Schultze in eine Seniorenresidenz nach Hamburg.

Während einer Kur auf Mallorca lernt er seine jetzige Frau Brigitta Salvatori kennen; beide heiraten 1992. Eine flüchtige Ähnlichkeit zwischen seiner neuen Frau und Lale Andersen ist nicht von der Hand zu weisen, in seinen Memoiren nennt Schultze seine neue Frau auch „meine letzte Lili Marleen“. Daniel Wiese

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