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Noch keine Spur nach Berlin

■ Staatsanwaltschaft traut den Aussagen des belgischen Privatermittlers Vervloesem über Berlin als vermeintliches Zentrum der Kinderpornographie nicht: "Es gibt fast keine Beweise"

Die Berliner Staatsanwaltschaft bestreitet ebenso wie die Kriminalpolizei, daß Berlin das Zentrum für Kinderpornographie ist. „Davon kann keine Rede sein“, sagte gestern Oberstaatsanwalt Victor Weber. Als zuständiger Staatsanwalt für die Ermittlungen nach dem vermißten Berliner Jungen Manuel Schadwald hat sich Weber einen persönlichen Eindruck von dem Mann verschaffen können, der zur Zeit so gern als Kronzeuge für die Verflechtungen der Kinderporno-Szene zitiert wird: Marcel Vervloesem, Chef der belgischen Bürgerinitiative „Werkgroep Morkhoven“. „Was Vervloesem erzählt, klingt logisch und schlüssig, aber was Berlin angeht, gibt es für fast keine seiner Behauptungen einen Beweis“, sagte Weber, der den belgischen Privatermittler Ende Mai zweimal in der Hauptstadt als Zeuge im Fall Schadwald vernommen hat.

Bei der Fahndung nach den Namen und Adressen von Mitgliedern des jüngst in den Niederlanden enttarnten Kinderporno- Rings hat die belgische Polizei am Sonnabend das Büro der Bürgerinitiative „Morkhoven“ durchsucht. Gefunden hat sie dabei nichts, weil die Gruppe alles anderswo versteckt hat. Der Vorsitzende von „Morkhoven“, Jan Boeykens, wiederholte gestern, Manuel Schadwald sei einer von mindestens drei deutschen Jungen, die von der „Kinderschänderbande“ von Zandvoort verschleppt worden seien. Mit der Berliner Staatsanwaltschaft habe man diesbezüglich jedoch schlechte Erfahrungen gemacht, sagte Boeykens.

Oberstaatsanwalt Weber betonte jedoch, daß Vervloesem bei seiner Vernehmung in Berlin das Gegenteil erklärt hatte. In dem Protokoll, das Vervloesem unterschrieben habe, stehe, daß er „sehr zufrieden“ sei. Vervloesem sei ein sehr sympathischer, eloquent auftretender Mensch, dessen Informationen aber mit „sehr großer Skepsis und Vorsicht“ zu genießen seien. „Ich würde weder sagen, es stimmt, noch, es stimmt nicht“, sagte Weber. „Aber von dem, was er uns erzählt hat, hat sich bisher nichts bewahrheitet.“

Der Berliner Morgenpost, die mit dem Privatermittler eng zusammenarbeitet, habe Vervloesem teilweise ganz andere Dinge erzählt als der Staatsanwaltschaft. „Wer wirklich Strafverfolgung will, geht nicht zuerst zur Presse, sondern zur Polizei“, meint Weber. Die Konsumenten der im Internet angebotenen Kinderpornos seien nun längst gewarnt und hätten das belastende Material zur Seite geschafft. Weber bezog sich damit auf die angeblich von Bürgerinitiative geheimgehaltenen Disketten mit über 10.000 pornographischen Fotos und einem Adressenverzeichnis der Bande.

Laut Berliner Polizei gibt es keine neuen Erkenntnisse zum Verbleib von Manuel Schadwald. Auch das an Holland gerichtete Amtshilfeersuchen zur Weiterleitung der Berliner E-Mail-Adressen, die bei der Aufdeckung des Kinderporno-Ringes in den Niederlanden gefunden worden waren, sei noch nicht beantwortet worden. Plutonia Plarre

Berichte Seite 6

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