Noch-Ministerpräsident mimt den Staatsmann: Wulff übt schon mal
Christian Wulff ist zuversichtlich, aus Niedersachsen ins Schloss Bellevue zu wechseln. Seinen Konkurrenten Joachim Gauck lobt der Ministerpräsident präsidial als "eindrucksvollen Mann".
HANNOVER taz | Christian Wulff steht als souveräner Staatsmann vor den JournalistInnen in Hannover. Eigentlich will er das Projekt "Klasse, wir singen" vorstellen, dessen Schirmherrschaft er übernommen hat. Eine Art Gegenentwurf zu "Deutschland sucht den Superstar". Eine Schulklasse singt ein Lied übers Singen, Ministerpräsident Wulff posiert mit ihnen für ein Foto, scherzt mit dem Nachwuchs.
Erst danach geht es los: Wulff spricht über seine Kandidatur zum Amt des Bundespräsidenten, betont ruhig beantwortet er die Fragen der Presse.
Dass sein Mitbewerber Joachim Gauck, der von den Grünen und der SPD nominiert wurde, in den vergangenen Tagen erstaunlich viel Zuspruch auch aus Kreisen der FDP und der CDU/CSU bekommen hatte, beunruhigt Wulff nicht. "Es gibt auch so manchen Sozialdemokraten, der mit mir sehr gut leben kann", reagiert er lässig auf Nachfragen. "Es ist auch gut, dass die bisherigen Kandidaten die Aussicht haben, eine breite Zustimmung in der Bevölkerung zu finden." Der Ministerpräsident schätzt seinen Konkurrenten gar selbst, er sei "ein eindrucksvoller Mann mit einer eindrucksvollen Biografie". Seine Stimme will Wulff als Mitglied der Bundesversammlung dann aber doch sich selbst geben, auch wenn er "sehr, sehr zuversichtlich" ist, dass der Posten nach Hannover geht - oder vielmehr er nach Bellevue.
Sogar der Spiegel hatte Gauck als "den besseren Präsidenten" bezeichnet, der Zuspruch für den Kandidaten von Rot-Grün ist groß. Kein Problem für Wulff, Kritik ist er gewohnt. "Am Ende habe ich immer gesagt: Es kommt auf die Ergebnisse an, es kommt auf die Resultate an", sagt Wulff, und seine solle man bewerten. Er selbst will sich da zurückhalten: "Das muss schon jeder Bürger, jeder Wahlmann und jede Wahlfrau machen, und die werden das auch tun."
Nicht, weil Wulff wirklich damit rechnen würde, nicht Bundespräsident zu werden, will er vorerst das Amt des Ministerpräsidenten behalten. Es sei vielmehr sein Respekt vor der Bundesversammlung und dem Votum der Wahlfrauen und -männer, der ihn davon abhalte, es vorzeitig abzulegen. Falls er dennoch die Wahl verlieren sollte, wäre das für ihn kein Grund zum Rückzug aus der Landespolitik. "Es ist nicht anrüchig, eine solche Chance zu ergreifen", sagt Wulff erhaben. Mit einer Niederlage rechnet aber weder er noch David McAllister, den der niedersächsische CDU-Landesparteivorstand bereits als Nachfolger für das Amt des Ministerpräsidenten vorgeschlagen hat.
Schließlich bezieht Wulff noch Stellung zum Sparprogramm der Regierung. Er lobt die geplanten Kürzungen: "Weil man den Menschen damit zeigen kann, dass es Licht am Ende des Tunnels gibt." Offenbar hat die Regierung den richtigen Protégé für Einsparungen der nächsten Jahre gefunden. BENJAMIN LAUFER
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