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Niqab-Verbot an den UnisDamaskus lässt die Hüllen fallen

Syrien will sein säkulares Image verbessern und verbietet den Gesichtsschleier an Universitäten. In den Medien bleibt eine kontroverse Debatte aus.

Die Gedanken sind frei: An der Uni muss sie den Niqab künftig ablegen. Bild: dpa

KAIRO taz | Syrien hat als erstes arabisches Land das Tragen des Gesichtsschleiers an den Universitäten verboten. Frauen, die darauf bestehen, den sogenannten Niqab zu tragen, werden vom Campus verwiesen, erklärte der syrische Minister für höhere Bildung, Ghiyat Barakat. Diese Praxis widerspreche den akademischen Werten und den Traditionen an den Universitäten des Landes, rechtfertigte er diesen Schritt.

Die neue Regelung betrifft alle staatlichen und privaten Universitäten. Das Verbot bezieht sich nur auf den Niqab, den vollen Gesichtsschleier, und nicht auf die Kopftücher, wie sie von sehr vielen Frauen in Syrien getragen werden. "Wir haben bereits die Direktive erlassen, dass sich Frauen mit Niqab nicht mehr für das nächste Semester einschreiben können," erklärt ein Regierungsbeamter, der nicht namentlich genannt werden möchte.

Syrien mit der herrschenden Baath-Partei unter der Führung von Präsident Baschar al-Assad gilt als eines der am meisten säkularisierten arabischen Länder, in dem viele religiöse Minderheiten leben. Auch die Elite wird von einer islamischen Minderheit, den Alawiten, dominiert, die einer weltoffenen Auslegung ihrer Religion folgen. Trotzdem sind in den vergangenen Jahren konservative islamische Strömungen in der Region und besonders in den Golfstaaten nicht spurlos an der Mehrheit der sunnitischen Gesellschaft Syriens vorübergegangen. Dies gilt vor allem für die Städte. Manche sehen das Niqab-Verbot an den Universitäten als ein Zeichen, dass die Regierung mehr Anstrengungen unternehmen muss, um das säkulare Image Syriens zu verteidigen.

Erst vergangene Woche wurde bekannt, dass innerhalb des letzten Monats still und leise mehrere hundert Grundschullehrerinnen, die einen Niqab tragen, aus dem Schuldienst entfernt und in andere staatliche und städtische Verwaltungsabteilungen versetzt wurden.

Verglichen mit Ländern wie Ägypten und Jordanien ist der ursprünglich aus den Beduinengesellschaften auf der Arabischen Halbinsel stammende Niqab in Syrien relativ wenig verbreitet. Das Niqab-Verbot an den Universitäten hat in den staatlich kontrollierten Medien keine kontroverse Debatte ausgelöst. Auch in Ägypten hatte der inzwischen verstorbene Großscheich der islamischen Al-Azhar-Universität, Muhammad Sayyed al-Tantawi, vergangenes Jahr das Tragen des Niqab in Mädchenschulen, die den Universitäten angeschlossenen sind, untersagt. Mit wenig praktischen Konsequenzen, da die Mädchen unter sich den Gesichtsschleier ohnehin ablegen. An den syrischen Universitäten lernen dagegen Studenten und Studentinnen gemeinsam.

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12 Kommentare

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  • S
    silke

    es geht nicht darum, ob man mit dem niqab studieren kann oder nicht.

    sondern es geht darum, dass sich ein religiöser gruppenzwang entwickelt, in dem sich eine muslima genötigt sieht sich ebenfalls vollends zu bedecken.

     

    einen solchen religiösen gruppenzwang finden wir leider schon an manchen deutschen schulen, in denen der islamische migrationanteil sehr hoch ist - dort werden islamische mädchen oftmals "gemobbt" wenn sie kein kopftuch tragen.

     

    säkularität bedeutet, dass der staat und die relion komplett getrent werden MUSS!!

    religiösität IST, MUSS privatsache sein und hat NICHTS in der öffentlichkeit oder gar an staatlichen institutionen zu suchen!!!

  • N
    Nada

    Auch mich hat diese Nachricht abgrundtief erschüttert!

    Moderener und weltoffener wird man, je toleranter man anderen Menschen gegenübersteht, nicht indem man Frauen ihr Recht auf Bekleidung und visuelle Religionsfreiheit entnimmt!!! Und das noch in einer islamisch geprägten Gesellschaft, möge Allah es meinen Schwestern leicht machen!

     

    Mensch! Sogar in London trägt man das Niqab sorgenlos!

     

    ´Das ist echt beschämend!

     

    Peace my brothers and sisters in humanity!

  • A
    APohlke

    Für technisch richtig, aber inhaltlich nicht ganz treffend halte ich die Formulierung "Syrien hat als erstes arabisches Land das Tragen des Gesichtsschleiers an den Universitäten verboten", und zwar deshalb, weil es meiner Einschätzung nach weitaus wichtiger und wegweisender war, daß die islamische Al-Azhar-Universität (Kairo) bereits letztes Jahr das Tragen des Gesichtsschleiers verboten hat, um damit zu unterstreichen, daß das Tragen derartiger Schleier zwar traditionell üblich, aber eben nicht vom Islam gefordert ist. Wenn ein renomierter islamischer Geistlicher wie Scheich Tantawi sich zu so deutlichen Äußerungen und Taten entschließt, finde ich das weitaus wichtiger und bemerkenswerter als wenn hier wieder einmal der Gegensatz zwischen säkularem Staat und Islam betont wird. Auch an der staatlichen Universität Kairo ist übrigens das Tragen des Gesichtsschleiers verboten - nicht zuletzt weil die Verschleierung auch für Täuschungsversuche mißbraucht werden konnte.

  • S
    Sabine

    Die reden immer von "Frauen dürfen nicht unterdrückt werden". Aber wenn sie gezwungen werden ihren Schleier abzunehmen, dass ist keine Unterdrückung? Schleierzwang hat nichts mit Islam zutun, aber das ignorieren alle einfach, genau wie das Schweinefleischverbot in der Bibel.

    Wie lüstern die Menschen doch sind... Wollen Frauen zwingen den Schleier abzunehmen, nur um sie nackter zu sehen und um das zu sehen, was die Frauen nicht von sich zeigen möchten...

     

    Wenn Freiheit für euch bedeutet, viel Haut zu zeigen, dann will ich niemals frei sein!!!

  • E
    Elisa

    von tuffi:

     

    Ich frage mich, wie eigentlich der Gesichtsschleier und der Zugang zu Hochschulbildung zusammenpassen.

     

    --- Wieso sollte das denn nicht zusammenpassen? Was hat denn Religiosität mit Bildung zu tun? Dürfen Frauen mit Niqab etwa keine Bildung genießen?

    Miniröcke werden doch genauso an den Unis akzeptiert. Darüber beklagt sich seltsamerweise keiner.

     

    Übrigens kann Syrien die Rechte der Menschen beschneiden wie es will - es nennt sich nämlich nicht, wie fast alle europäischen Länder, demokratisch, sondern ist offensichtlich eine Diktatur. Vergleich zu Deutschland als freiheitlich demokratisches Land daher mehr als unangebracht.

  • E
    eric

    was für islamfeindliche kommentare. da freut sich der "islamkritiker", wenn ausgerechnet ein arabisch/ und dazu vermeintlich islamisches land, so einen "fortschrittlichen" weg geht. kann man doch nun unhinterfragt darauf bezug nehmen! bitte schön deutschland.

  • G
    GertA

    Wie kann man einem Menschen nur so sehr seine Freiheit und sein Recht wegnehmen ? also diese Nachricht hat mich zu tiefst erschüttert

  • T
    tuffi

    Ich frage mich, wie eigentlich der Gesichtsschleier und der Zugang zu Hochschulbildung zusammenpassen.

  • K
    Kati

    Dafür wirds bei uns modern. Trägt die bekennende Burka-FanIn Frau Pohl nun eigentlich eine?

  • A
    atypixx

    "In den Medien bleibt eine kontroverse Debatte aus."

     

    Spielt sich ja auch nicht in Deutschland ab ;-)

  • M
    Moritz

    Wird langsam Zeit, dass der Schleier fällt.

  • S
    Sebastian

    Tja, das sind solche Länder schon fortschrittlicher als Deutschland...