Niedriglöhne bei Leiharbeitern: Linke gegen Gotteslohn

Ver.di und Senat ziehen vor Gericht, um der christlichen Tarifgemeinschaft CGZP den Status als Gewerkschaft abzusprechen. Zeitarbeiter würden oft zu schlecht bezahlt. CGZP weist das zurück.

Hoffentlich wird er gerecht entlohnt: Reinigungsarbeit in christlichem Umfeld Bild: AP

Der Vorwurf ist kein geringer: Die "Tarifgemeinschaft Christlicher Gewerkschaften Zeitarbeit und Personalserviceagenturen" (CGZP) habe in den vergangenen Jahren für Leiharbeiter Dumpinglöhne ausgehandelt und damit das Tarifsystem untergraben, sagen die Senatsverwaltung für Arbeit und Soziales und die Gewerkschaft Ver.di. Dem wollen sie ein Ende bereiten: "Mitte Oktober haben wir beim Arbeitsgericht gemeinsam Klage gegen die CGZP eingereicht", teilte am Montag der Vize-Chef von Ver.di, Gerd Herzberg, mit. Senatorin Heidi Knake-Werner (Linke) bekräftigte: "In der Leiharbeit werden Tariflöhne von bis zu 50 Prozent unter dem Einkommen der Stammbelegschaft gezahlt. Das kann nicht sein."

Senat und Ver.di sind überzeugt, dass die CGZP eigentlich gar nicht berechtigt ist, die Zeitarbeiter zu vertreten. So habe die Tarifgemeinschaft keine eigenen Mitglieder, sondern bestehe nur aus anderen Organisationen. Sie besitze keine Durchsetzungskraft, sagte Herzberg. "Damit erfüllt die CGZP nicht die Kriterien einer Gewerkschaft."

Die Leiharbeit ist eine wachsende Branche: Bundesweit sind inzwischen laut Senat 720.000 Menschen in der Zeitarbeit beschäftigt, 26.500 allein in Berlin. Unter niedrigen Löhnen leiden vor allem die Hilfsarbeiter. Wie viele von ihnen derzeit nach CGZP-Tarifen bezahlt werden, ist allerdings unklar. Die Senatsverwaltung geht nach groben Schätzungen von bundesweit mehr als 100.000 aus.

Sollten der Senat und Ver.di - nach einem voraussichtlich langwierigen Prozess - Recht bekommen, würden diese rund 100.000 genauso viel verdienen wie die Stammbelegschaft der Firma, in der sie arbeiten, erklärte Herzberg. Denn die von der CGZP ausgehandelten Tarifverträge wären dann unwirksam.

Zum Vergleich: Ein Leiharbeiter, der als Küchenhilfe beschäftigt ist, verdient nach dem Tarifvertrag der CGZP im Westen derzeit 7,21 Euro, im Osten 6 Euro. In den ersten sechs Monaten kann das Unternehmen aufgrund der Einarbeitung diesen Lohn noch um 68 Cent im Westen oder 13 Cent im Osten senken. Eine nach Ver.di-Verträgen bezahlte Küchenhilfe bekommt dagegen 7,51 Euro im Westen, 6,50 im Osten. Absenkungen zu Beginn des Arbeitsverhältnisses gibt es nicht.

"Es ist Unsinn, dass wir Dumpinglöhne aushandeln", sagte Gunter Smits aus dem Vorstand der CGZP am Montag. Dass sich der Senat an der Klage beteiligt, regt ihn auf. "Wenn ein Bundesland meint, eine Gewerkschaft verbieten zu können, ist das wie in einem totalitären System." Der Klage selbst sehe er gelassen entgegen. "Wir sind von unserer Tariffähigkeit überzeugt." Es habe seit den 50er-Jahren schon Dutzende Verfahren gegen christliche Gewerkschaften gegeben. "Keine Handvoll wurde zu unseren Lasten entschieden."

Ob Smits Optimismus berechtigt ist? Bereits im Februar hatte das Arbeitsgericht Berlin sich mit dem Thema befasst. Das Verfahren wurde damals zwar aus formellen Gründen eingestellt. Die Richter ließen aber durchblicken, dass sie durchaus grundsätzliche Zweifel an der Tariffähigkeit der christlichen Gewerkschaften hegen.

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