piwik no script img

Niedersächsische ÜberwachungJournalist auf Demo wird zur Gefahr

Seit Jahren bespitzelt der niedersächsische Verfassungsschutz einen Göttinger Journalisten. Registriert wurde dabei auch die Teilnahme an legalen Demos.

Politisch verantwortlich: Niedersachsens Innenminister Uwe Schünemann (CDU, r) und Hans Wargel, Präsident des Landesamtes für Verfassungsschutz in Hannover (l). Bild: dpa

GÖTTINGEN taz | Ein Göttinger Journalist steht seit Jahren im Visier des Verfassungsschutzes. Auf ein Auskunftsersuchen hin präsentierte die Niedersächsische Verfassungsschutzbehörde dem Anwalt des Hörfunk-Mannes jetzt einen Teil ihrer Erkenntnisse. Dazu zählt auch das Beschäftigungsverhältnis des Journalisten - der 43-Jährige ist angestellter Redakteur des Göttinger Lokalradios.

"Nach Erkenntnissen der Polizei vom 10. 07. 2000 war Ihr Mandant Mitarbeiter des Göttinger Radiosenders ,Stadtradio'", heißt es in dem Antwortschreiben. An anderer Stelle schreibt der Verfassungsschutz: "Am 19. März 2011 war Ihr Mandant, aufgrund der Ereignisse in Japan, Teilnehmer einer Anti-Atom-Demonstration in Göttingen."

Die Anwesenheit bei zwei weiteren Demonstrationen - als Journalist, wie der Betroffene betont - hat der Verfassungsschutz ebenfalls registriert.

Für Rechtsanwalt Sven Adam macht der Verfassungsschutz aus journalistischer Begleitung "eine offenbar staatsgefährdende Teilnahme an legalen und angemeldeten Demonstrationen".

Auch die Gewerkschaft Ver.di ist empört über die "Bespitzelung" ihres Mitglieds. "Die Beschäftigung unseres Kollegen beim Lokalradio als polizeiliche Erkenntnis zu präsentieren ist ein ungeheuerlicher Vorgang", sagte Gewerkschaftssekretär Patrick von Brandt.

Dass die Ausübung seines Berufs für den Kollegen zu ständig erweiterten Einträgen in einer Verfassungsschutzakte führe, "weckt ungute Erinnerungen an längst vergangene Zeiten".

Rechtsanwalt Adam kritisiert zudem die unvollständige Antwort des Verfassungsschutzes, in der die Behörde eine weitere Einsicht in die personenbezogenen Daten seines Mandanten verweigert. Deshalb hat der Jurist den niedersächsischen Datenschutzbeauftragten und das Göttinger Verwaltungsgericht eingeschaltet.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

Mehr zum Thema

7 Kommentare

 / 
Kommentarpause ab 30. Dezember 2024

Wir machen Silvesterpause und schließen ab Montag die Kommentarfunktion für ein paar Tage.
  • S
    Stefan

    Liebe Journalisten,

    nur weil sich jemand so nennt wie ihr, ist er nicht per se besonders schützenswert. Die ehemals investigative, heute erzieherisch agitative Branche steht auch nicht über dem Staat.

    Beispiel: Einer der auf der Marvi-Marmara getöteten Terroristen war von Beruf "Journalist". Zuletzt als Pressesprecher einer Terrororganisation tätig. Seine Journalisten-Organisation verurteilte seine Tötung aufs Schärfste und verurteilte die israelische Regierung. Es schien niemanden zu irritieren, dass der Typ in einer terroristischen Mission unterwegs war und den von ihm ersehnten Märthyrerstatus erhalten hat.

    Also: Ball flach halten und mal selbstkritisch auf die Kollegen schauen.

  • W
    Webmarxist

    Die Pressefreiheit ist im Grundgesetz garantiert. Der Journalist durfte nicht bespitzelt werden, nur weil er von Berufswegen aus, an diesen beiden Demos teilgenommen hatte um darüber zu berichten.

  • A
    aurorua

    STASIMETHODEN haben sich nach über 20 Jahren in der gesamten Republik etabliert, sogar in der freien Wirtschaft, überall Totalüberwachung und Bespitzelung (LIDL, TELEKOM, BAHN, SIEMENS usw.).

    Kein Wunder haben doch hunderttausende ehemaliger STASI-Mitarbeiter auf der Jobsuche nach der Wende die gesamte Republik unterwandert und infiltriert.

    In Brandenburg rennen ehemalige DDR Schullehrer, dank entsprechender Seilschaften, heute als verbeamtete Polizisten rum.

  • OP
    Otto Pardey

    Fest steht,das Uwe Schünemann CDU als Innenminister

    von Niedersachsen ein Heuchler ist und der Polizei-

    korruption unter Mithilfe seiner Schergen als Schreibtischtäter,einen festen Platz für die org.Kriminalität in Niedersachsen einräumt.

    So wird das Verständnis von Demokratie-und Rechtsstaatlichkeit in Deutschland unter Mißbrauch

    des amtes zum Wohl der org.Kriminalität zum

    Nachteil der Bürger,ausgelegt!

    Es sind diese Schreibtischtäter oder Verbrecher

    in den Behörden welche den Bürgern in den Rücken

    fallen und die Wahrheit unter Mißbrauch der Ämter,

    vertuschen!

  • OP
    Otto Pardey

    Fest steht,das Uwe Schünemann CDU als Innenminister

    von Niedersachsen ein Heuchler ist und der Polizei-

    korruption unter Mithilfe seiner Schergen als Schreibtischtäter,einen festen Platz für die org.Kriminalität in Niedersachsen einräumt.

    So wird das Verständnis von Demokratie-und Rechtsstaatlichkeit in Deutschland unter Mißbrauch

    des amtes zum Wohl der org.Kriminalität zum

    Nachteil der Bürger,ausgelegt!

  • VA
    Vorgeschmack auf Berliner Koalition von CDU und SPD

    Wowereit hat sich bewusst, an den Busen der Law-and-Order bürgerlichen CDU geworfen. Der will selber einen auf bürgerlich machen - und man sieht es ihm dennoch an, dass er aus einem Arbeiterhaushalt her ist.

    Wenn man Wowereit kränken möchte, dann der Verweis auf seine Wurzeln in einer Arbeiterfamilie.

    Law-and-Order, das Vor-Putzen für die CDU-Law-and-Orderer, hat Wowereit, übrigens mit heftiger Zustimmung und Unterstützung von Thierse, (da war doch mal der Lampenputzer, der die Revolution scheute, weil dabei Glasbruch von den Gaslaternen her er fürchtete; ganz die SPD) die besetzten Häuser in Friedrichshain im Dezember 2010 brutalstmöglich räumen lassen.

    Ja, Wowi, unser Saubermann aus der SPD.

    Meine Meinung.

  • DJ
    dem Juristen zur freundl. Kenntnisnahme

    Dem Juristen in der Angelegenheit ist zu sagen, dass er lange warten kann, bis der so genannte nds. Datenschutzbeauftragte antwortet.

    Der schützt sich, meiner persönlichen Erfahrung mit ihm und seinen 'geschätzten' Mitarbeiter/innen, davor, je auch nur einen Finger krumm zu machen.

    Der Typ ist voll angepasst, so hat er sich mir gegenüber gezeigt; als fata morgana seinerselbst und die seiner Mitarbeiter. Gleichsam einem Kampfhund, dem man die Zähne gezogen hat und das nunmehr zu einem Hündchen, einem Bettvorleger der nds. CDU geworden ist.

    Ebenso duckt sich das Hündchen, genannt nds. Datenschutzbeauftragter davor, in den Bereichen Gesundheits- und Sozialdatenschutz gegen die bei ihm angezeigten (mit Nachweiserbringung) massiven und weit reichenden Brüche einer Behörde, den Gesundheits- und Sozialdatenschutz betreffend.