Niedersachsens AfD-Chef abgewählt: Zigaretten auf Spesen
Armin Paul Hampel wird auf dem Landesparteitag der niedersächsischen AfD nicht wiedergewählt. Er muss sich unter anderem Vetternwirtschaft vorwerfen lassen.
Kaum war am späten Samstagnachmittag das Ergebnis des zweiten Wahlgangs in der Stadthalle verkündet, brach unter der Hälfte der Mitglieder lauter Jubel aus, bei der anderen herrschte betroffenes Schweigen. Im Großen Saal hatten von den 521 Stimmberechtigen 280 für Guth gestimmt und 205 für Hampel.
Im ersten Wahlgang war noch der AfD-Bundestagsabgeordnete Dietmar Friedhoff für den Vorsitz angetreten, um „eine echte Alternative“ für den Verband anzubieten. „Die Mitglieder hatten bisher nur die Wahl zwischen Pest und Cholera“, sagte er im Foyer der taz. So hätten Mitglieder sich ihm gegenüber bei Veranstaltungen ausgedrückt, schob er nach.
Guth forderte in ihrer Rede, der Landesvorsitz gehöre ins Land: „Ich sitze für sie in Hannover im Landtag“, formulierte sie als erste Spitze gegen Hampel, der wie Friedhoff für die AfD im Bundestag sitzt. Unter dem Applaus ihrer Anhänger erklärte die 47-Jährige, dass sie im Landtag heute schon die anderen Parteien jage und vorführe.
Als weitere Spitze versicherte sie, dass das Geld der Mitglieder und Spender nicht mehr in ein Steigenberger Hotel, sondern in ein elektronisches Stimmensystem fließen werde – eine Anspielung auf die Darlegungen des Bundesrechnungsprüfers Christian Waldheim. Tatsächlich war es denn auch weniger Guths Auftritt, der ihr die Mehrheit sicherte, als vielmehr die Verfehlungen des alten Vorstands, die der Rechnungsprüfer coram publico ausbreitete.
Armin Paul Hampel, Exlandesvorsitzender der AfD Niedersachsen
Vor der Wahl für den neuen Landesvorsitz hatte Waldheim auf Unregelmäßigkeiten in der Buchführung des Landesverbandes hingewiesen. Er ließ eine Tabelle über die Ausgaben der Jahre 2013 bis 2017 auf die Bühnenleinwand werfen – jene Jahre, in denen Hampel den Vorsitz innehatte. Schwarz auf Weiß konnte jeder lesen, dass immer wieder Überweisungen ohne Belege oder ohne Beschluss des Landesverbandes vorgenommen worden waren – insgesamt in Höhe von 27.333 Euro.
Ein Name tauchte immer wieder als Empfänger für Zahlungen auf: „Hampel“. Der Tabelle zufolge rechnete er beim Landesverband hohe Hotelrechungen ab, sowie die Anschaffung einer Satellitenschüssel für sein Privathaus, dazu Sky- und DSL-Rechnungen, Bewirtungsbelege für Zigaretten und Alkohol und das private Abonnement der neu-rechten Wochenzeitung „Junge Freiheit“.
Waldheim zeigte unter Ausrufen von Entsetzen einzelner Mitglieder auch, dass Hampel 2014 Reisekosten in Höhe von 16.000 Euro erhielt. 2015 erhielt ein Journalist, der ihm sehr „gewogen“ war, insgesamt 9.000 Euro für „journalistische Recherchen“, obwohl der Landesvorstand eine einmalige Zahlung von 400 Euro beschlossen hatte.
Die AfD-Mitglieder sind gespalten
2016 beauftragte der Landesvorstand das Vorstandsmitglied Heiner Rehnen, für Wahlkampfzwecke einen LKW zu beschaffen. 2.000 Euro wurden bewilligt. Gekauft wurde ein LKW zum Nettopreis von 14.000 Euro. Verkäufer war die Firma der Familie Rehnen. „Ich hätte den Vorstandsmitgliedern für diese Jahre keine Empfehlung zur Entlastung ausgesprochen“, sagte Waldheim.
Vom Parkett-Mikrophon schritt Hampel zum Bühnen-Mikrophon, um „seine Ehre“ zu wahren. Alle Abrechnungen seien korrekt gewesen, versicherte der ehemalige Fernsehjournalist. Es habe einen Beschluss gegeben, wonach der Landesschatzmeister und der Vorsitzende Beträge bis zu 3.000 Euro ohne Beschlussvorlage hätten ausgeben dürfen.
„Wenn man jemanden politisch nicht packen kann, macht man es über die Finanzen“, kritisierte der 60-Jährige und erntete lautstarken Applaus seiner Anhänger. Der Saal war gespalten. „Ich hätte mich nicht mehr hier in den Saal getraut“, sagte eine Frau mit Blick auf Hampel.
Andauernde Streitereien
Den Landesparteitag hatte ein Notvorstand einberufen. Die anhaltenden Streitereien und das finanzielle Gebaren hatten im Januar den Bundesvorstand zu der Absetzung des Landesvorsitzenden und des gesamten Vorstandes bewogen. Der Notvorstand zeigte sich auf dem Parteitag zwar bemüht neutral. Doch der Rückhalt für Hampel veranlasste das Notvorstandsmitglied Kay Gottschalk, sehr deutlich zu werden:
„Beginnt jetzt die Selbstbedienungsmentalität wie bei den Altparteien?“ fragte er. Außer der moralischen Einstellung müssten auch strafrechtliche Folgen geklärt werden, sagte er dem „lieben Paul“. Buh-Rufe gegen Gottschalk folgten.
Im Foyer sagte Gottschalk, der im Bundesvorstand und im Bundestag sitzt, der taz: „Wir prangern Missstände bei den anderen Parteien an und bei uns beginnt es im Kleinen. Da ist auch Fremdschämen bei mir aufgekommen.“
Nach der Niederlage gab sich Hampel weiterhin kämpferisch. Nur eine Schlacht sei verloren, sagte er. Für den Stellvertretenden Vorsitz wollte er jedoch nicht mehr kandidieren. Vor dem Saal winkte er ab.
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