: Niederlage für die Mitte
■ Kommunisten und Rechte gewinnen Nachwahlen im französischen Gardanne
Paris (taz) – Der erste ist ein Kommunist, der zweite ein Rechtsextremist, und dann kommt erst einmal ganz lange gar nichts. Weit abgeschlagen folgen die Kandidaten der Konservativen und der Sozialisten. So lautet die Präferenz der (Nach)wähler in der französischen Provinzstadt Gardanne nördlich von Marseille, die am Sonntag im ersten Wahlgang einen Nachrücker für den zurückgetretenen Parlamentsabgeordneten Bernard Tapie wählten. Sofern sie überhaupt zur Urne gingen: 58 Prozent der Wahlberechtigten stimmten erst gar nicht ab.
Gardanne an der Rhône-Mündung, mit Kraftwerk und großem Bergwerk, gilt traditionell als linke Hochburg. Ex-Lehrer Roger Mei (61), der mit 37,8 Prozent gewählte Kandidat der PCF, ist zugleich Bürgermeister. Eine breite linke Allianz hatte ihn unterstützt, aber dennoch hatte niemand mit einem so guten Ergebnis gerechnet, das knapp 19 Prozent über dem kommunistischen Abschneiden bei den Parlamentswahlen 1993 liegt.
Auch die rechtsextreme Front National hat sich verbessert. Ihr 30 Jahre junger Kandidat, der Politologe Damien Bariller, hauptberuflicher Mitarbeiter von Parteichef Jean-Marie Le Pen, steigerte sich nach einem harten Wahlkampf – Themen: Immigration, Korruption und Arbeitslosigkeit – um acht Punkte auf 26,8 Prozent.
Verlierer der Wahlen sind die Pariser Parteien. Der Konservative Faubre-Aubespy (16,5 Prozent) büßte exakt soviel ein, wie die Front National dazu gewann. Der Sozialist Bernard Kouchner (13,2 Prozent), den die Pariser Zentrale ohne Rücksprache mit den Sozialisten vor Ort ins Rennen geschickt hatte, verlor stattliche zwölf Punkte gegenüber seinem Vorgänger Tapie.
Am kommenden Sonntag müssen sich die Wähler zwischen dem Kommunisten und dem Rechtsextremen entscheiden, die beide einen europakritischen Wahlkampf führen. Während der unterlegene Konservative keine Wahlempfehlung ausgeben wollte, rief der ausgeschiedene Sozialist seine Wähler zur Wahl des Kommunisten auf. Dorothea Hahn
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