piwik no script img

Niederlage für GroßkonzerneApartheidopfer dürfen in USA klagen

Künftig können Entschädigungsklagen gegen amerikanische und deutsche Firmen, die das Apartheidregime in Südafrika gestützt haben, auch in den USA eingereicht werden.

Ein starkes Polizeiaufgebot durchkämmt am 17. Juni 1976, dem zweiten Tag der Unruhen in Soweto Straßen und Häuser. Der Aufstand wurde weltweit ein Symbol des Kampfes gegen die Apartheid. Bild: dpa

BERLIN taz Eine New Yorker Bundesrichterin hat am Mittwoch eine Sammelklage von Opfern des südafrikanischen Apartheidregimes nach dem so genannten Alien Tort Claims Act zugelassen. Das Gesetz erlaubt unter bestimmten Umständen Klagen von Ausländern vor US-Gerichten. Die vor sieben Jahren eingereichte Klage richtet sich gegen Unternehmen, die trotz entsprechender UN-Resolutionen das rassistische Apartheidregime in Südafrika gestützt hatten. Die Firmen, gegen die jetzt geklagt werden darf, sind IBM, Ford und General Motors aus den USA sowie die deutschen Konzerne Daimler und Rheinmetall.

Ursprünglich waren Entschädigungsklagen gegen rund 50 Firmen, darunter auch Ölkonzerne und Banken, eingereicht worden. Doch nachdem eine untere Instanz die Klagen zunächst verworfen hatte, konzentrierten sich die Kläger auf weniger Firmen. Sie werfen diesen vor, dem Apartheid-Regime in den 70er und 80er Jarhen durch die Lieferng von Fahrzeugen und Technik bei der Unterdrückung seiner Gegner geholfen zu haben.

Im Falle einer Verurteilung drohen den Konzernen Entschädigungszahlungen in Millionenhöhe. Richterin Shira Scheindlin widersprach der Argumentation der Firmen, gegen die sie jetzt Klagen zuließ, dass diese nur gewöhnliche Geschäfte gemacht hätten. IBM hatte argumentiert, man könne Kunden nicht vorschreiben, wofür sie Computer benutzten. Die Richterin betonte hingegen die Mitverantwortung der Lieferanten und sagte, die Firmen könnten nicht so blind gewesen sein, um zu sehen, dass sie mit ihren Produkten das Regime bei seiner rassistischen Herrschaft stützten. Firmen wie die Schweizer Bank UBS, denen dagegen nur Geschäfte mit dem Regime ohne eine Verbindung zu dessen Repression vorgeworfen wurden, kamen jetzt ungeschoren davon. Dabei benötigte das Apartheid-Regime auch ausländische Banken und Kredite.

Die Regierungen der USA, Südafrikas und Deutschlands hatten sich zuvor gegen eine Annahme der Klage ausgesprochen. Südafrika argumentiert, etwaige Klagen sollten dort nach süfafrikanischen Gesetzen verhandelt werden. Washington sieht in den Klagen eine Gefahr für das bilaterale Verhältnis, eine Untergrabung der Souveränität Südafrikas und eine Gefährdung seiner wirtschaftlicher Entwicklung. Südafrikas Erzbischof und Friedensnobelpreisträger Desmond Tutu untestützte dagegen die Klage.

Die deutsche Hilfsorganisation medico international, welche die Klage unterstützt, begrüßte das Urteil und fordert, dass die durch die Apartheid verursachten Schulden im südlichen Afrika gestrichen und die Opfer der Apartheid entschädigt werden. Von den beklagten Firmen gab es zunächst keine Stellungnahme.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

2 Kommentare

 / 
  • P
    Peter

    Man sollte die Bauern verklagen die die Lebensmittel produziert haben die die Täter gegessen haben, da ohne Essen die Täter ihre Taten nicht hätten durchführen können!!!

    ;)

  • D
    denninger

    Im Prinzip eine wirklich tolle Sache, die Lieferanten in die Verantwortung für ihre Geschäfte zu nehmen.

    Aber wie sieht die Praxis aus?

    Der mordende Polizist sagt vor der Versöhnungskonferenz aus und bekommt den Persischein.

    Der Lieferant seines Fahrzeuges wird zu Schadenersatz verpflichtet.

    Wer gewinnt den bei dieser Rechtspraxis?

    Nicht die Gerechtigkeit, nicht der Rechtsfrieden sondern allen voran US-amerikanische Anwälte und deren nationale Partner wie Fagan, Witti und Co.

    Die Rechtssicherheit?

    Vielleicht stehe ich persönlich bald vor einem Gericht, weil ich in den 80ern Malz an eine Brauerei im stalinistichen Albanien geliefert habe. Aus Malz macht man Bier und das trinkt das unterdrückerische Militär.

    Aber das kann ich ja kompensieren. Mein Großonkel väterlicherseits wurde im Juni 1945 in Tschechien in einem Internierungslager getötet. Das bringt mindestens 100.000.000$. Ja, ich weis, das war jetzt wirklich geschmacklos. Ebenso ekelhaft wie der hier beschriebene Versuch, mit Opfern einer verbrecherischen Politik möglichst viel Geld zu machen. Oder warum sonst werden die Klagen in den USA eingereicht?

    Die Täter werden rehabilitiert, deren etwaige Helfershelfer nimmt man in die Verantwortung. Ist das denn Gerechtigkeit?