piwik no script img

Niebels Teppich-ÄffareWas alles so zollfrei ist – und was nicht

Entwicklungshilfeminister Niebel sagt, der von ihm in Afghanistan gekaufte Teppich sei zollfrei gewesen. Laut Medienbericht ist das nicht so sicher. Die Staatsanwaltschaft prüft die Rechtslage.

Dirk Niebel hat sich etwas mitgebracht aus Afghanistan – doch ob der Teppich wirklich zollfrei war, liegt noch im Dunkeln. Bild: dapd

BERLIN afp | In der Teppich-Affäre von Entwicklungshilfeminister Dirk Niebel gibt es Zweifel an der Darstellung des FDP-Politikers, die Einfuhr des Souvenirs aus Afghanistan sei zollfrei gewesen. „Wer beim Schmuggel einer Ware erwischt wird, erhält keine präferenzierte Behandlung bei der Abgabenberechnung“, sagte der namentlich nicht genannte Leiter eines Zollamtes der Tageszeitung Die Welt.

In einem Standardkommentar zum Zollkodex heißt es laut Welt zu der Frage, ob eine solche Zollbefreiung auch dann noch möglich ist, wenn es Unregelmäßigkeiten bei der Anmeldung gab: „Bei vorsätzlicher oder grob fahrlässiger Vorschriftsverletzung scheidet eine nachträgliche Berücksichtigung der Vorzugsbehandlung aus.“

Niebel hatte in einem Hörfunkinterview kürzlich gesagt, der eingeführte Teppich sei „überhaupt nicht zollpflichtig“. Als eines der „am wenigsten entwickelten Länder“ unterliege Afghanistan einer Sonderregelung der Europäischen Union, derzufolge auch Privatpersonen Gegenstände wie Teppiche zollfrei nach Deutschland einführen dürften.

Die Frage eines möglichen Steuervergehens beschäftigt auch die Justiz. Ein Sprecher der Staatsanwaltschaft Potsdam sagte der Welt, die Behörde sei sich der Rechtslage sehr wohl bewusst. Die Prüfung, ob ein „Anfangsverdacht auf eine Steuerstraftat“ vorliege, werde noch einige Tage dauern. Mit der Angelegenheit hatte sich zunächst die Berliner Staatsanwaltschaft befasst, nun hat die Potsdamer Behörde den Fall übernommen.

Niebel hatte den Teppich bei einem Besuch in Afghanistan für etwa 1.100 Euro von einem Händler erworben, vom Bundesnachrichtendienst (BND) nach Deutschland bringen lassen und zunächst nicht verzollt.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

Mehr zum Thema

5 Kommentare

 / 
  • U
    Udo

    Der arme Mann - und jetzt hacken auch noch alle auf ihn rum. Vielleicht sollte man eine Sammlung einleiten.

  • NP
    Niebel'sche private Gesetze

    An Niebel kann man sehen, wie die FDP (einer ihrer Vertreter) sich die Gesetze selber strickt.

    Die einzige FDP-Politikerin, der mensch wohl noch Vertrauen schenken kann, scheint Frau L.-Schnarrenberger zu sein. Die anderen, ob Politikerin oder Politiker, alles Pfeifen.

  • H
    HamburgerX

    ---

    Als eines der „am wenigsten entwickelten Länder“ unterliege Afghanistan einer Sonderregelung der Europäischen Union, derzufolge auch Privatpersonen Gegenstände wie Teppiche zollfrei nach Deutschland einführen dürften.

    ---

     

    Wäre schon ein wenig bis ziemlich peinlich für die Medien, wenn das stimmen würde, denn das haben die offenbar flapsig arbeitenden Redakteure, die die Story herausgebracht haben, leicht prüfen können. Es wurde aber nie erwähnt.

  • D
    deviant

    Moment mal, hat der Niebel nicht, kurz nach Bekanntwerden noch behauptet, dass sei bloß ein Versehen gewesen und er wolle die Steuern schnell nachzahlen?

    Hat er diese Verteidigungslinie nun aufgegeben, weil er zufällig auf einen Paragraphen gestoßen ist, der ihm hilfreicher sein könnte, so dass er quasi jetzt festgestellt hat, dass er die Steuern vorher eigentlich nur nicht gezahlt hat, weil er im Nachhinein herausfinden würde, dass er gar keine Steuern zahlen muss?

     

    Ich find immer noch am peinlichsten an der granzen Affäre, dass ein liberaler Politiker, der am liebsten alles privatisieren will, weil es für die Kunden ja am besten ist, wenn alles privatisiert ist, wenn Firmenbosse sich in die eigene Tasche wirtschaften, wenns um die eigene Logistik geht, nicht etwa auf privatwirtschaftliche Unternehmen zurückgreift, sondern den Transport seines Teppichs lieber verstaatlicht.

    Für mich ist das, nach dem spektakulären Scheitern von liberaler Ideologie und Steuersenkungspolitik, das Eingeständnis für auch das Scheitern Privatisierungspolitik - und was bleibt dann schon noch von der FDP?

     

    Da ist es schon nicht mehr mit Auflösung getan, in so ne Szene muss der BND rein, bevor sie sich, wie die Nazis nach deren spektakulären Scheitern, radikalisiert und in den Untergrund geht! (ich weiß, dass das pure Polemik ist: Der BND würde einen Radikalen nicht erkennen, wenn er Mollies auf deren HQ in Pullach würfe).

  • S
    Soso

    Ob der Teppich zollfrei ist oder nicht. Auf jeden Fall sind bei der Einfuhr 19% Umsatzsteuer zu entrichten. Ist also - wie mans dreht und wendet ein klarer Fall von Steuerhinterziehung. Über Einfuhrmodalitäten von Touri-Nippes war Niebel mit Sicherheit informiert. So tue er den Menschen wohl und setze sich selber ab. Zeit wird's eh...