: Nie mehr HSV
Handball Der VfL Bad Schwartau will es zurück in die Bundesliga schaffen – an seinem Standort Lübeck. Eine erneute Fusion mit dem Hamburger SV schließt der Verein aus. Denn der letzte Versuch war ein Desaster
von Christian Görtzen
Schlimm sei das damals gewesen, sagt Michael Friedrichs, Geschäftsführer der Handball Marketing GmbH des VfL Bad Schwartau, über den 25. Mai 2002. An jenem Tag endete die Bundesliga-Zeit für den Traditionsverein, der nur ein Jahr zuvor den DHB-Pokal gewonnen hatte und der zu jener Zeit nicht weit hinter dem THW Kiel und der SG Flensburg-Handewitt rangierte. Nach dem Spiel gegen den SV Post Schwerin betrat der damalige VfL-Geschäftsführer Olaf Knüppel mit einem Mikrofon in der Hand das Spielfeld der Hansehalle, um den Fans den wirtschaftlich bedingten Umzug des Profiteams von Lübeck nach Hamburg zu erläutern.
„Ganz grob war das“, sagt Friedrichs im Rückblick. „Für die Fans war das ein Schlag ins Gesicht. Ich war in der Halle und habe den Kopf geschüttelt.“ Allerdings war es für Knüppel ein noch unerfreulicheres Erlebnis. Er wurde von den 2.800 Zuschauern mit „Schwartau, Schwartau“-Rufen niedergebrüllt. Jahre später räumte Knüppel ein, dass er die Fans inzwischen verstehen könne.
An der Notwendigkeit des Umzugs ließ er indes weiterhin keinen Zweifel aufkommen. Der Verein sei de facto pleite gewesen. Nach dem Umzug nach Hamburg wurde es aber richtig chaotisch: Die Staatsanwaltschaft ermittelte gegen den damaligen Klub-Chef Winfried M. Klimek, der im Dezember 2004 verhaftet wurde.
Bundesliga-Handball wurde von Juli 2002 an unter neuem Namen in Hamburg gespielt – bis vor einem Jahr die Insolvenz zum Zwangsabstieg des HSV führte. Beim VfL Bad Schwartau gab es dagegen in der Regionalliga Nordost lediglich drittklassigen Handball zu sehen; seit 2011 gehört der Klub der Zweiten Liga an. Aber zurück nach ganz oben ging es für dem VfL nach diesem Bruch im Frühjahr 2002 nie wieder.
Das soll sich in absehbarer Zeit ändern. Der Verein hat sich das ambitionierte Ziel gesteckt, wieder dem Kreis der besten 18 Teams der Republik beizutreten. Dies soll durch eine Bündelung der Kräfte erreicht werden. Aus diesem Grund wurde eine Änderung des Vereinsnamens beschlossen: Aus dem VfL Bad Schwartau wird zum 1. Juli 2017 der VfL Lübeck Schwartau. Zudem wird der wirtschaftliche Träger der Mannschaft, die Handball Marketing GmbH, von der neu gegründeten Handball Marketing Spielbetriebs GmbH & Co. KG abgelöst.
„Diese beiden Änderungen eröffnen uns neue Rahmenbedingungen im wirtschaftlichen und strukturellen Bereich, die uns nach vorne bringen werden“, sagt Friedrichs. Mit dem Namen VfL Lübeck Schwartau mache der Verein deutlich, „dass wir uns komplett mit der Hansestadt Lübeck und Bad Schwartau identifizieren. Wir spielen in Lübeck, haben unseren Firmensitz in Lübeck, und das machen wir mit dem neuen Namen jetzt auch sichtbar“, sagt Friedrichs.
Die Idee dahinter: „Wir öffnen uns werblich der Region, um weitere Kreise ziehen zu können“, sagt Peter Repp, der Vorsitzende des VfL Bad Schwartau, in der Pressekonferenz. „Mit neuen Gesellschaftern, einer neuen Gesellschaftsform und einem großen seriösen Partner aus Lübeck findet sich für uns genau das wieder, was wir brauchen, um dauerhaft mit unserer ersten Herren-Mannschaft Handball-Bundesliga zu spielen.“ Gespannt sei er auf die Reaktionen, sagt Repp.
Die Fans wollen das neue Konzept unterstützen. „Wir stehen dem offen gegenüber, tragen es auch mit“, sagte Thomas Bastian, Fanklubchef der Blue Devils, den Lübecker Nachrichten. „Es eröffnet dem Verein neue Möglichkeiten. Wir überlegen uns auch, uns neu aufzustellen, alle Fanklubs zu einem zusammenzuschließen.“
Ganz so begeistert waren allerdings nicht alle Anhänger, wie Geschäftsführer Friedrichs auf Nachfrage einräumt. „Natürlich gab es auch Fans, die das nicht gut fanden. Da ging es oft um die Tradition oder um die Frage, warum Lübeck im neuen Vereinsnamen vorne stehe.“ Angst vor einem Déjà-vu müsse aber niemand haben, sagt Friedrichs. „Ein Umzug nach Hamburg kommt definitiv nicht infrage.“
Doch auch der Hamburger SV, der derzeit in der Dritten Liga spielt, will zurück in die Bundesliga und schafft dafür die Strukturen. Und vor dem Umzug der Lübecker nach Hamburg im Jahr 2002 bildeten die beiden Vereine schon einmal eine Spielgemeinschaft: den HSV Lübeck.
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