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Archiv-Artikel

ARD UND ZDF MÜSSEN IHRE GEBÜHREN AUCH KÜNFTIG STAATSFERN REGELN Nicht wie bei der Müllabfuhr

Formal geht es bei der Verfassungsklage der öffentlich-rechtlichen Sender nur um die Frage, ob die Länder die Rundfunkgebührenerhöhung vor zwei Jahren zu recht gesenkt haben. Doch in Karlsruhe steht auch das schwierige Verhältnis von Politik und Rundfunkfreiheit auf dem Prüfstand.

Nach dem letzten Gebührenurteil des Verfassungsgerichts von 1994 dürfen die für den Rundfunk zuständigen Bundesländer ihre allgemeinen medienpolitischen Vorgaben nicht mit der Gebührenfestsetzung für ARD, ZDF & Co. verquicken. Denn dies lässt sich mit der Vorstellung vom staatsfernen Rundfunk nicht vereinbaren. Die Ministerpräsidenten argumentieren nun, sie müssten – und dürften – bei der Gebührenentscheidung die gesamtwirtschaftliche Lage und den Zustand der öffentlichen Haushalte berücksichtigen. Doch damit würde die Rundfunkgebühr zu einer Art Müllabfuhrgebühr, die je nach wirtschaftlicher Lage mal höher oder niedriger ausfällt.

Damit keine Missverständnisse aufkommen: ARD und ZDF sind reformbedürftig. Doch die Gebührenfrage muss weiter so staatsfern wie irgend möglich geregelt werden. Einfluss auf den Rundfunk hat die Politik ohnehin schon reichlich. Und dieser Einfluss wird in Zukunft durch die Vorgaben der EU ohnehin noch größer. Denn die jüngsten Vereinbarungen zwischen Ländern und EU-Kommission orientieren sich eher am wesentlich höheren Einfluss der Politik auf den öffentlich-rechtlichen Rundfunk in anderen europäischen Ländern als am bisherigen deutschen Modell.

Dass das Bundesverfassungsgericht gestern angekündigt hat, grundsätzlich und ohne Denkverbote über eine neue Austarierung des Verhältnisses von Rundfunkfreiheit und den Entscheidungsspielräumen der Politik zu urteilen und dabei auch die andere Hälfte des dualen Systems, den privaten Rundfunk, in ihre Überlegungen einzubeziehen, muss die Öffentlich-Rechtlichen nicht schrecken. Denn VerfassungsrichterInnen bleiben schon altersmäßig beim Zappen wohl doch eher bei „Tagesschau“ und „Aspekte“ hängen als bei „Deutschland sucht den Superstar“. STEFFEN GRIMBERG