: „Nicht werfen“
■ Seit dem 12.8. gibt es im Lehnstedter 62 eine schöne Videoausstellung zur Frage „Ist der Monitor der Macher“: Videowurfspiele zum Werfen von Radkappen und Blumentöpfen
„Manche stellen ja einfach zwei Monitore hin und meinen, das wäre jetzt eine Video-Installation“, sagt der Veranstalter und das deucht mir ein gutes Zeichen. Ungeheuer technisch eindrucksvolle „Video-Installationen“, die sowieso kaum einer zu beurteilen vermag, werden ja inzwischen zu allem und jedem gereicht, das sich einen möglichst avangardistischen Flair verleihen möchte. Avangardisten -Flair zu zaubern hat das Lehnstedter zum Glück nicht nötig. Dierecht bizarre Örtlichkeit reicht völlig aus.
„Ist der Monitor der Macher“ ist die Ausstellungs-Frage, zu der reichlich Video-Dokumentations-Tapes erdacht worden sind. „Ist der Monitor der Macher oder der Bekracher im Mülleimer“, sollte der Titel sogar ursprünglich lauten. Die sehr kritische Distanz zum Medium ist nicht zu überhören. Von „Maschinen“ ist die Rede und davon, daß der Künstler sich mit Video beschäftigen müsse, da es nun mal da sei.
Ganz wohl fühlt sich wohl keiner der Künstler, die fast sämtlichst von der Malerei kommen, mit der neuen Technik. Verlust verspürt zum Beispiel ein Mitglied der Gruppe „EXP.I.MAT“ (was meint „EXPEDITION IM MATERIELL“) im Umgang mit Video als bloßem Funktionsträger, von dem nichts bleibt, der beliebig neu bespielt werden kann, ganz anders ist als eine Leinwand zum Draufmalen.
Technikkritisch auch die Rauminstallation der „Gruppe mit Markenzeichen“. Sie gehört in die Reihe „Portable Systems“. Tragbar bezeichnet aber ausschließlich die benutzten Medien, die ganze Installation ist eher sperrig. Mit Bilderkästen, einer Super8-Projektion und nicht zuletzt einem Videomonitor (auch Kabelrolle und Trittleiter gehören ins Bild) steht hier das Automobil und der Sraßenverkehr für Mobilität, Material und Illusion , und „für eine Zeit, in der Bilder über den ganzen Globus gejagt
werden“.
Verschiedensten interessanten Dingen kann der Besucher sich auch bei anderen Werken aussetzen, Blumentöpfe, Radkappen, Bälle und allerlei andere Flugkörper um sich herumwerfen lassen. Dazu muß er nur in die Mitte von „Nicht Werfen!“ treten, dem „Video-Wurfspiel zur elektronischen Vervielfältigung von Begriffen und deren Transport durch den Raum“. Oder er kann von Filmdialogen angelockt den Vorhang der großen schwarzen Kiste „ko-ok“ lüpfen, um dahinter dann in einem geheimnisvollen schwarzen Loch die zum Dialog passenden Filmbilder in Buchstabenform zerhackt auf-und abblinken zu sehen. Mehr soll nicht verraten werden. Selber hingehen lohnt sich. Gelegenheit dazu gibt es noch bis zum 21.8., 15 bis 18 Uhr. Zusätzliche Veranstaltungen jeweils Fr, Sa oder So 20 Uhr. Ein Monitor zum Selberbasteln ist kostenfrei erhältlich. Ke Dreyer
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