Nicht hingucken geht nicht: Tragischer Kreislauf
Den Tod von Kindern können wir nicht hinnehmen. Aber ein anderer Blick wäre nicht schlecht.Kinderschutz heißt auch Eltern stärken, braucht Zeit und Vertrauen.
W eil die Jugendämter zu spät reagieren, kann wieder kann ein Kind sterben – jederzeit. Das ist die schlagzeilentaugliche Botschaft der Studie, die jetzt die Uni Konstanz vorgelegt hat. Der Grund sei, dass ein beträchtlicher Teil der Allgemeinen Sozialen Dienste (ASD) nicht gut arbeite. Das Paradoxe ist nun: Eben diese Botschaft könnte die Lage noch weiter verschärfen.
Den Sozialarbeitern fehlt Ruhe für Routine und Reflexion. Die Politik ändert nach jedem spektakulären Fall unter Druck die Regeln. Und die Medien? Sind auch beteiligt, indem sie über all das berichten.
Der Tod von Kindern ist nicht hinzunehmen. Gäbe es keinen öffentlichen Druck, wäre es um die ASD-Ausstattung noch schlechter bestellt.
Nicht hingucken geht also nicht. Aber ein anderer Blick: Die Lebenslage von Kindern in Armut muss umfassend verbessert werden, statt dass immer nur das Schlimmste verhindert wird. Das Jugendamt darf nicht den Ruf einer Armutspolizei haben. Und Kinderschutz heißt auch, die Eltern zu stärken.
Die Stadt hat nach den Todesfällen viele neue Regeln geschaffen. Weitere Todesfälle verhindert hat das nicht. Warum also nicht endlich eine Fallzahlobergrenze und eine großzügige Ausstattung der ASD? Verschwendet wäre das Geld sicher nicht.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Internationaler Strafgerichtshof
Ein Haftbefehl und seine Folgen
Umgang mit der AfD
Sollen wir AfD-Stimmen im Blatt wiedergeben?
Krieg in der Ukraine
Kein Frieden mit Putin
Entlassene grüne Ministerin Nonnemacher
„Die Eskalation zeichnete sich ab“
Warnung vor „bestimmten Quartieren“
Eine alarmistische Debatte in Berlin
Utøya-Attentäter vor Gericht
Breivik beantragt Entlassung