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New York YankeesGlückskind Alex Rodriguez

Rodriguez steuert auf den 600. Homerun zu und erinnert die Fans daran, dass der Nationalsport drogenverseucht war - und wahrscheinlich immer noch ist.

Sein Spiel wirkt immer ein wenig zu schwerelos: Alex Rodriguez. Bild: imago

Es ist gerade sehr einfach, Baseball-Fan zu sein. Die Sonne scheint, die Saison geht in die entscheidende Phase und all diese Ablenkungen, dieser Basketball, dieser Football und dieses kanadische Eishockey-Dings machen Pause. Die Bühne gehört allein dem Baseball und momentan besonders Alex Rodriguez. Der spielt bei den New York Yankees, ist so begnadet wie kein anderer Spieler seiner Generation und wird bald zum 600. Mal einen Ball in die Zuschauerränge befördern.

Ein Meilenstein, mit dem Rodriguez so jung wie niemand vor ihm in einen sehr exklusiven Klub aufgenommen würde: So viele Homeruns haben in der nahezu anderthalb Jahrhunderte langen Geschichte des professionellen Baseball nur sechs andere Männer geschlagen.

Es ist gerade gar nicht einfach, Baseball-Fan zu sein. Denn Amerika ist sich uneins, wie es mit Rodriguez umgehen soll. Das liegt zum einen daran, dass der 35-Jährige nie unumstritten war. Sein Spiel wirkte immer ein wenig zu schwerelos, sein Lächeln war immer etwas zu glatt und seine Verträge immer ein paar Millionen Dollars zu gut dotiert. Ein wenig erinnert A-Rod, wie er genannt wird, an Oliver Bierhoff: Rodriguez ist zweifellos talentierter, sieht aber ebenso gut aus und ist ähnlich unbeliebt. Ein Glückskind, so schien es, dem der Erfolg unverdient zuflog.

Noch wichtiger aber ist, dass Rodriguez den Amerikaner, der seinen Baseball liebt, mit jedem Homerun daran erinnert, dass der Nationalsport drogenverseucht war - und wahrscheinlich immer noch ist. Hat Rodriguez im Februar des vergangenen Jahres doch Doping zugegeben, wenn auch nur für die Jahre 2001 bis 2003 und ohne Konsequenzen. Denn damals war Doping im Baseball offiziell noch nicht verboten. Rodriguez verdrückte also ein paar Tränen, schämte sich demonstrativ in einigen Fernsehinterviews und ging dann zur Tagesordnung über.

Sein Spitzname wurde zu "A-Fraud" verballhornt, und mit "A-Betrug" starb auch das allerletzte Restchen Hoffnung, dass die erstaunlichen Leistungen der Baseballspieler ohne chemische Hilfsmittel möglich sein könnten. Wenn selbst Rodriguez, der im Vergleich zu seinen von Anabolika aufgeblasenen Arbeitskollegen wie ein Hänfling wirkte, sich trotz seines unermesslichen Talents auf leistungssteigernde Mittel angewiesen fühlte, dann konnte wohl auch niemand sonst sauber sein.

Nicht dass Baseball jemals ein allzu sauberer Sport gewesen wäre. Schon 1889 wurde ganz offen darüber diskutiert, dass Pud Galvin dank eines aus den Hoden von Hunden und Meerschweinchen gewonnenen testosteronhaltigen Elixiers zu einem der besten Pitcher dieser Pionierzeit im Baseball wurde. Selbst der legendäre Babe Ruth soll sich ein Extrakt aus Schafhoden injiziert haben, wurde davon aber angeblich so krank, dass er ein paar Spiele aussetzen musste.

Später halfen sich die Profis mit Aufputschmitteln durch die 162 Spiele lange Saison. Die "Greenies" genannten Amphetaminpillen waren ein so offenes Geheimnis, dass sie in vielen Umkleidekabinen auf dem Buffet direkt neben den Hähnchenschenkeln standen. Und in den Siebzigerjahren des vergangenen Jahrhunderts, erzählte der Pitcher Tom House nach seiner aktiven Zeit, wurden "Steroide, die man nicht mal Pferden geben würde", eingeworfen. Regelmäßige Dopingtests führten die Major Leagues erst 2005 ein.

Endgültig explodierte der Drogenmissbrauch, vor allem der Einsatz von Anabolika, in den Achtziger- und Neunzigerjahren. Und mit ihm explodierten die Statistiken. Bis 1999 gab es gerade mal 15 Spieler, die in ihrer Karriere auf 500 Homeruns kamen. Seitdem sind zehn weitere hinzugekommen. Von den meisten dieser zehn weiß man, dass sie gedopt haben, auch von Barry Bonds, der 762 Homeruns auf dem Konto hat, so viele wie niemand sonst.

Statistiken aber sind wichtig im Baseball, wichtiger als in anderen Sportarten. Die Diskussionen, welcher Spieler besser war, der bis 1972 spielende Willie Mays oder der immer noch aktive Ken Griffey Jr., gehören zum Baseball wie der Fanghandschuh. Die Großartigkeit eines Spielers, daran glaubte man früher fest, lässt sich in Zahlen ausdrücken. Diese Zahlen sind nun verfälscht, der Glaube an Baseball vergiftet. Wenn Alex Rodriguez seinen 600. Homerun schlägt, wird Amerika wieder einmal daran erinnert.

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5 Kommentare

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  • O
    Oberhart

    @ Ok.warum nicht:

     

    Wie viele von den hochbegabten Pitchern rennen denn da rum? Na gut, keiner von denen rennt rum... aber genau EIN Spieler der verteidigenden Mannschaft kann trickreich und hart einen Ball werfen. Okay, erkenne ich an. Macht Baseball aber nicht besser, denn alle übrigen Spieler sind 99% der Zeit in einem Spiel ausnahmslos damit beschäftigt sich im Schritt zu kratzen, am Allerwertesten zu kratzen, zu spucken, zu popeln, die Kappe oder den Helm zu richten und dumm in der Gegend zu stehen. Ach ja, ab und an kommt dann mal ein Ball in ihre Richtung, dann müssen sie auch mal ein bisschen fangen und werfen.

     

    Mit sowas als Schulsport muss sich niemand über fette amerikanische Kinder und Jugendliche wundern. Baseball ist DER "Sport" für Bewegungsmuffel. Wenn man bei irgendeinem Baseballspiel eine Kamera alle 10 Sekunden ein Bild schiessen liesse, hätte man nachher auf 99% der Bilder keinerlei Bewegung, sieht man mal von Gerotze und Asche von der Sohle kloppen ab...

     

    Vielleicht bin ich europäisch geprägt, aber Bewegung und Dynamik gehören meiner Meinung nach zu Sport dazu. Genau deshalb möchte ich im Sportteil (und auch sonst nirgendwo) etwas über Baseball lesen. Baseball ist ein Unsport und auch nicht Amerikas liebster Sport. Football und Basketball ziehen mehr Zuschauer, kein Wunder, da passiert auch was auf dem Feld. Baseball sollte man stillschweigend eingehen lassen.

  • ON
    Ok.warum nicht

    Wie kann man so viel Energie in etwas stecken, was einen doch Gleichgültig sein könnte. Wenn Baseball totgeschwiegen gehört, dann sollte unser Herr von Oberhart doch mit gutem Beispiel voran gehen und, wie man bei uns sagt, die "Gusch" halten.

     

    Oder er zeigt uns wie einfach es ist, einen Ball auf über 120 km/h zu beschleunigen und einem Fänger mit hoher Präzision zu zu werfen. Stimmt, dass ist natürlich keine Leistung.

     

    Genauso wenig kann man es natürlich eine Leistung nennen, die der Mann mit dem Prügel vollbringt. Nämlich das abfangende Wegschlagen des rasenden Balles mit einem Runden Schläger - man beachte die dabei die riesige Auftrittsfläche bei runden Körpern.

     

    Aber gut. "Was der Buur it kennt frisst er au it, gelt?" und, "Des was ich it kenn und nie ausprobiert hab, des kann ja nur 'n Drecksscheiss sein".

     

    Ignoranz in Reinform trifft man immer wieder in Foren und Komentaren. Herzlichen Glückwunsch, lieber Herr von Oberhart, Sie haben sich die goldene Himbeere der Evolution gewonnen und werden zusammen mit den Hirnlosen amerikanischen Sportfaschisten, die außer Baseball und Football nichts gelten lassen, in der fahrenden Austellung gezeit mit dem Titel, "Deppen aller Herren Länder - Deppen gibt es über all, und wir haben sie alle".

     

    Liebe Grüße

    Warum nicht.

  • O
    Oberhart

    @ Baseballfan:

     

    Kot schmeckt super, Milliarden Fliegen können nicht irren.

     

    Und Volksmusik rockt auch, Millionen Senile können nicht irren.

     

    Und jetzt kommst du und erzählst mir was von 27.000 Baseballfans hierzulande, die wahrscheinlich infolge von mangelhafter Fitness und Beweglichkeit ausserstande sind einem richtigen Sport nachzugehen und deshalb Baseball spielen. Wenns denn Spaß macht, können sie es ja auch gerne tun. Jedem Tierchen sein Plaisirchen. Das soll mir nur niemand als Sport verkaufen. Im Sportteil hat sowas nix zu suchen. Und woanders eigentlich auch nicht. Über die Millionen Mau Mau und Halma-Spieler wird ja auch nicht berichtet. Okay, die ballern sich auch nicht so mit Mastmitteln zu, trotzdem dürften die meisten dem durchschnittlichen Baseballer in punkto Ausdauer und Beweglichkeit meilenweit überlegen sein...

     

    Und noch was: Erklär mir mal, wieso ich Xenophobiker bin, nur weil ich Baseball für ein ganz armes Spiel halte.

  • B
    Baseballfan

    Woher dieser Hass? Offensichtlich aus Unkenntnis des Sports und das nennt man dann Xenophobie.

     

    Du hast gerade 27000 Baseballspieler in Deutschland beleidigt, die den Sport ziemlich spannend und anspruchsvoll finden.

  • O
    Oberhart

    Was für ein Artikel... *kopfschüttel*

     

    Na klar, Bierhoff ist der Erfolg einfach so zugefallen... Nee, is klar... In einem Alter, in dem Andere schon die Karriere beenden, spielte der noch weitgehend unbekannt in Italiens zweiter Liga. Wegen technischer Mängel und eher schwach ausgerägten Antritt wurde Bierhoff in jungen Jahren für bundesligauntauglich befunden und musste jahrelang in Österreich und unteren Spielklassen in Italien seine Klasse nachweisen. Wenn das zugeflogener Erfolg ist, bitteschön.

     

    "erstaunliche Leistungen" von Baseballern. Bitte was?! Wann bitte erbringen Baseballer erstaunliche Leistungen. Die einzig erstaunliche Leistung, die ein durchschnittlicher Baseballer bringt, ist bei der Ausübung seines endlaaangweiligen "Sports" nicht in den Tiefschlaf zu verfallen. Ich hatte mal das Vergnügen mehrere Monate meines Lebens in God's Own Country mit Baseballern Trainingseinrichtungen teilen zu dürfen... Keine Ausdauer, keine Beweglichkeit, nur ein bisschen Auge-Keule-Koordination und natürlich bei gut der Hälfte Körpermasse. Wobei bei einigen durchaus bezweifelt werden darf, dass diese nur unerlaubten Mastmitteln geschuldet ist: Anabolika sollen ja auch die Fettverbrennung beschleunigen...

    Baseball ist der letzte Rotz und gehört totgeschwiegen!