New York Yankees gewinnen: Dopingsünder besiegt Philadelphia
Es ist ausgerechnet der dopinggeständige Alex Rodriguez, der die New York Yankees zum Sieg in der World Series führt. Das teuerste Team der Liga setzt sich durch.
Das Grinsen auf dem Gesicht von Alex Rodriguez war so breit, dass ihm beinahe der Kaugummi aus dem Mund fiel, auf dem er herumknatschte. Rodriguez hielt nach dem 7:3-Sieg seiner New York Yankees gegen Philadelphia im sechsten Spiel der World Series die begehrteste Trophäe in der Hand, die es in seinem Sport gibt. Er hatte gerade zum ersten Mal in seiner Laufbahn eine Meisterschaft gewonnen, aber das war nicht allein der Grund für die tiefe Genugtuung des Schlagmanns, dem die Yankees 275 Millionen Dollar über 10 Jahren bezahlen. Wichtiger für ihn war, dass ihm die 52.000 Fans im neuen Yankee Stadium minutenlangen brausenden Applaus spendeten.
Das war nicht immer so. Noch vor einem halben Jahr war A-Rod ein einsamer, reicher Mann in New York. Nach seinem Dopinggeständnis wurde er hier nur noch A-Fraud genannt - was so viel wie Mogelpackung heißt. Bei jedem Spiel wurde er ausgepfiffen, von seinen Teamkollegen nur noch zähneknirschend geduldet. Doch jetzt, da er mit einer herausragenden Vorstellung in den Play-offs wesentlich dazu beigetragen hatte, die Meisterschaft nach neun Jahren zum 27. Mal an den East River zu holen, war das alles vergessen. Nur Rodriguez selbst musste im Moment des Triumphs noch an diese Zeit denken. "Als viele Leute sich von mir abgewendet haben, hat dieser Verein zu mir gehalten", bedankte er sich bei Teambesitzer Hal Steinbrenner, der damals schon das Risiko des Imageschadens für den möglichen Erfolg mit seiner teuren Investition in Kauf genommen hatte.
Überhaupt war am Mittwoch in der Bronx, wo es in den erfolglosen Jahren seit 2000 mehr als einmal vernehmlich gerumpelt und rumort hatte, wieder alles Friede, Freude, Eierkuchen. Auch der zweite geständige Doper der Mannschaft, Andy Pettitte, wurde frenetisch bejubelt, nachdem er als Pitcher im Entscheidungsspiel die Offensive des Titelverteidigers aus Philadelphia effektiv in Schach gehalten hatte. Die Yankees, die in den vergangenen Jahren ein Jammerbild aus Skandalen und Zank abgegeben hatten, waren wieder "eine große Familie", wie der ungewöhnlich gelöste Besitzer Steinbrenner bei der Entgegennahme des Pokals betonte.
Steinbrenner fühlte sich wie von einem Fluch befreit. Es war sicherlich nicht ein so schlimmer Fluch wie jener sprichwörtliche böse Zauber, der die Boston Red Sox vor 2004 86 Jahre lang von einem Titelgewinn abgehalten hatte. Aber er war schlimm genug. Jahr für Jahr hatten die Yankees immer neue und immer teurere Spieler eingekauft, die Summe ihrer Gehaltszahlungen ist mittlerweile mit über 200 Millionen Dollar einsamer Ligarekord. Und doch wollte eine Rückkehr zu den Erfolgsjahren von 1996 bis 2000 einfach nicht gelingen. Eine schmerzliche Peinlichkeit. "Endlich sind wir wieder da, wo wir hingehören", sagte deshalb am Mittwochabend auch Derek Jeter, einer von vier Spielern, die aus der alten Mannschaft noch übrig geblieben sind.
In diesem Jahr ging endlich die Rechnung Steinbrenners auf - die Millionenwette auf die hochgehandelten Legionäre war erfolgreich. Am Mittwochabend war es vor allem Hideki Matsui, den Steinbrenner vor vier Jahren für 52 Millionen aus Japan geholt hatte, der sich bezahlt machte. Der Schlagmann aus Kanazawa war mit drei Volltreffern für gleich sechs der sieben Punkte verantwortlich, die die Yankees brauchten, um die Serie mit vier zu zwei für sich zu entscheiden. Matsui, dessen Vertrag nach dieser Saison ausläuft, gab gleich danach wieder seine Bewerbung bei den Yankees ab. "Ich liebe New York", ließ er durch einen Übersetzer mitteilen. Um ihn halten zu können, wird Patriarch Steinbrenner nach dieser Vorstellung allerdings noch ein paar Dollar mehr hinblättern müssen.
Rodriguez ist noch weitere acht Jahre an die Yankees und an New York gebunden. Acht Jahre, auf die er sich nun wieder freuen kann. Noch vor ein paar Monaten musste er befürchten, dass es eine Tortur wird, ein wöchentliches Spießrutenlaufen vor einem Mob, der ihn hasst. Jetzt ist alles anders. Jetzt hat New York die Meisterschaft. Doping war gestern.
DEREK JETER, YANKEE
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Nan Goldin in Neuer Nationalgalerie
Claudia Roth entsetzt über Proteste
Politikwissenschaftlerin über Ukraine
„Land gegen Frieden funktioniert nicht“
taz-Recherche zu Gewalt gegen Frauen
Weil sie weiblich sind
Verein „Hand in Hand für unser Land“
Wenig Menschen und Traktoren bei Rechtspopulisten-Demo
Scholz und Pistorius
Journalismus oder Pferdewette?
Internationaler Strafgerichtshof
Ein Haftbefehl und seine Folgen