Neuwahl-Debatte in NRW: SPD rudert zurück
Norbert Römer, Fraktionschef der SPD, will jetzt doch keine vorgezogenen Neuwahlen angekündigt haben. Die Opposition freut sich über die Debatte.
DÜSSELDORF taz | Die rot-grüne Koalition in Nordrhein-Westfalen versucht die von SPD-Landtagsfraktionschef Norbert Römer losgetretene Diskussion über baldige Neuwahlen wieder einzufangen. Am Wochenende hatte Römer den Eindruck vermittelt, die SPD strebe umgehend einen vorgezogenen Urnengang an, falls die schwarz-gelbe Opposition auch gegen den Landeshaushalt 2011 Verfassungsklage erheben sollte. Bei zahlreichen Abgeordneten von Grünen und SPD sorgt er damit für gehörige Irritationen.
"Wir sollten uns als Grüne jetzt keine Neuwahldebatte aufdrängen lassen", warnt die grüne Landtagsabgeordnete Andrea Asch. Rot-Grün dürfe sich das Gesetz des Handelns nicht aus der Hand nehmen lassen. Ihre Fraktion will am Freitag auf einer Sondersitzung über die Äußerungen Römers diskutieren. Denn nicht nur Asch verwundert insbesondere der Zeitpunkt. Schließlich fällt am kommenden Dienstag der nordrhein-westfälische Verfassungsgerichtshof in Münster erst einmal sein Urteil über die Klage von CDU und FDP gegen den Nachtragshaushalt 2010.
Was ihn auch getrieben haben mag: Falls Römer angesichts der derzeit eher ungünstigen Umfrageergebnisse für die Opposition auf eine Einschüchterung von CDU und FDP gesetzt haben sollte, dann ist dieser Versuch gründlich danebengegangen. Beide Parteien haben seinen Ball vielmehr dankend aufgenommen. "Wenn im Haushalt 2011 trotz Aufschwung die Verschuldung so hoch bleibt, werden wir selbstverständlich dagegen klagen", sagte der FDP-Landesvorsitzende Daniel Bahr bei der Aschermittwochsveranstaltung seiner Partei in Herne an.
"Hannelore Kraft hat sich die Krone als Schuldenkönigin aufgesetzt", verkündete beinahe zeitgleich CDU-Landeschef Norbert Röttgen in Lennestadt. "Über diesen Titel können wir gern Wahlkampf führen." Wie beim Nachtragsetat 2010 bewegt sich die Nettoneuverschuldung nach den bisherigen Planungen auch beim Haushalt für das laufende Jahr auf dem NRW-Rekordniveau von 7,1 Milliarden Euro. Bereits am Dienstag hatte CDU-Landtagsfraktionschef Karl-Josef Laumann angekündigt, einer Auflösung der Landtags zuzustimmen, falls die SPD das beantrage. Als möglichen Neuwahltermin schlug sein Vize Armin Laschet den 17. Juli vor.
Doch dass es so weit kommt, ist keineswegs ausgemacht. "In der Politik sollte man nie über Automatismen reden", sagt SPD-Landesvizechef Jochen Ott zur taz. Und Römer habe das auch nicht getan. Die Debatte sei aufgebauscht. Die Äußerungen des SPD-Fraktionschefs bewertete Ott nur als eindringlichen Appell an CDU und FDP, endlich ihre Fundamentalopposition aufzugeben und nicht länger die politische durch juristische Auseinandersetzungen zu ersetzen. "Wer fordert, Milliarden Euro einzusparen, muss auch konkrete Vorschläge machen, wo gespart werden soll." Da sei bisher von der Union und den Liberalen "rein gar nichts gekommen", ärgert sich Ott.
Auch Römer rudert inzwischen wieder zurück. "Wenn es nach uns geht, ist der nächste Wahltermin Muttertag 2015", sagte er beim Politischen Aschermittwoch der NRW-SPD in Schwerte. "Darauf wollen wir hinarbeiten."
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