Neulich, kurz vor Weihnachten: Herzliche Grüße an die Frau Mutter
■ Dreihundertachtundachtzig abschließende Worte zum Thema Kaufrausch: Dr. Blohm und Herr Voss ringen mit der Warenwelt
Voss: Dr. Blohm! Gut, daß ich Sie treffe. Eine Katastrophe! Weihnachten steht vor der Tür, und ich habe immer noch kein Geschenk für meine Mutter.
Dr. Blohm: Sie Ärmster! Mein Glück, daß Frau Blohm solche Dinge besorgt.
Voss: Das können Sie laut sagen!
Dr. Blohm: Nur Mut. Ich werde Sie begleiten. Aber erst brauchen wir Inspiration.
Voss: Eine Feuerzangenbowle wäre herrlich ...
Dr. Blohm: Ohne mich. Ich bestehe auf Glühwein.
Voss: Verfolgen Sie keine Nachrichten?
Dr. Blohm: Sie sollten sich besser informieren. Es ging um den Kupfergehalt, der indes nicht verwundert, da der Stoff in Kupferkesseln gebraut wird. Seien Sie kein Hasenfuß, alter Freund und Kupferstecher! Wenn Sie mir den kleinen Witz gestatten ...
Der erste Glühwein findet seinenWeg in die Mägen von Blohm und Voss.
Dr. Blohm: Nun fühle ich mich der Aufgabe gewachsen. Haben Sie eine Idee?
Voss: Vielleicht einen Schal ...
Dr. Blohm: Wie abgeschmackt! Warum nicht Seife oder Pralinen?!
Voss: Meinen Sie?
Dr. Blohm: Ich scherze. Vielleicht sollten wir ganz bremisch ,nach Karstadt' gehen.
Voss: Der Gang durch die Parfümabteilung ist nur mutigen Menschen oder welchen ohne Geruchsempfinden zu empfehlen.
Dr. Blohm: Hier soll es auch einen Schnäppchenmarkt geben.
Verkäufer: Da heißt es aufgepaßt, mitgemacht und mitgewühlt! Alles für zehn Mark. Preiswerter ist es wirklich nicht machbar ...
Dr. Blohm: Hier gibt es nur Spannbettlaken und Phil-Collins-CDs.
Voss: Ich brauch' noch einen Glühwein.
Dr. Blohm: Recht so.
Nach zwei weiteren Gläsern nehmen die beiden wieder den Kampf auf.
Dr. Blohm: Als mein Freund Travnicek gefragt wurde, was er bei all dem weihnachtlichen Lichterglanz empfinde, sagte er, er wünsche sich einen Kurzschluß.
Voss: Das würde auch nichts gegen die Nikolausmützen der Passanten dort ausrichten.
Dr. Blohm: Leider! Wissen Sie, was die Menschen so in Raserei treibt?
Voss: Vielleicht hilft noch ein Glühwein.
So geschieht es, und Blohm gerät sichtlich in Laune.
Dr. Blohm: Ein Buchgeschäft! Keine Widerrede!
Voss: Und was ist mit meiner Mutter?
Dr. Blohm: Es wird sich schon was finden lassen. Travnicek sagte immer: „I geh in a G'schäft eini, schnapp, was i kriegen kann, und zu Haus pack i's aus und denk nach, wem i's anhängen kann.“Hier, ein Kochbuch, oder ein Buch von Uli Wickert, etwas mit Niveau ...
Eine Lichterkette mit sich reißend stolpert Blohm in die Arme von Voss.
Voss: Na na, nicht so stürmisch alter Freund! Sie haben ja einen Schwips!
Dr. Blohm: Iwo! Aber wissen Sie was? Ich werde mich daheim der Lektüre widmen. Eine große Hilfe scheine ich ohnehin nicht zu sein. Frohe Weihnachten, und grüßen Sie Ihre Mutter.
Voss: Frohe Weihnachten, Dr. Blohm! Anscheinend gibt es Dinge, die ein Mann alleine tun muß.
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