Neues vom Bildungssenator: Die kleine Zwiebel
■ In der Willi-Lemke-Behörde gärt ein Hackepeter-Streit / Tupperdosen-Erlass?
Der Bremer Bildungssenator Willi Lemke hat in seiner Behörde nicht alles im Griff. Das musste er kürzlich wieder einmal schmerzlich erfahren. Auf dem Gang zum Sitzungszimmer stank es buchstäblich. Knoblauch, Zwiebelgeruch, unerträglich. Der Senator gab einen Wink, das sei doch abzustellen.
Pustekuchen. „Hier gibt es nur donnerstags Hackepeterbrötchen“, beteuert die Kantinenkraft. Wenn es täglich welche gäbe – nicht auszudenken der Krach mit „oben“. Wieso der Senator, der im fünften Stock residiert, sich in die Hackepeterbrötchenfrage der Kantine im 1. Stock einmischt, dass kann sie nicht ganz nachvollziehen. Denn der kommt doch eigentlich nie in die Kantine seiner Behörde.
Aber eben auf den Flur vor der Kantine. Und das reicht. Lemke ordnete an, dass Hackepeterbrötchen mit Knoblauch und Zwiebeln nur „in einer geschlossenen Tupperdose“ gehalten werden dürfen. Und gegessen, denn man stelle sich vor, ein Mitarbeiter geht mit einem Hackepeterbrötchen in der Hand zur Tür hinaus auf den Flur und – begegnet dem Senator. Rauswerfen darf man Staatsangestellte dafür nicht, aber die Freiheit der Hackepeterbrötchen ist im Beamtenrecht nicht geschützt. Und die Lüftungsschlitze in der Kantinen-Tür sind auch nicht geschützt – sofort abkleben, ordnete Lemke unter Umgehung des Gewerbeaufsichtsamtes seiner Senatskollegin Hilde Adolf an.
Der Sprecher der Behörde, Rainer Gausepohl, war auf Nachfrage mal wieder überhaupt nicht im Bilde über den Hackepeterbrötchen-Streit in seinem Haus. Nachdem er sich sachkundig gemacht hatte, stellte er definitiv klar: „Es gibt keinen Erlass zu den Hackepeterbrötchen.“ Für die Verärgerung des Senators hatte er eine verständliche Erklärung: „Er geht halt mit offenen Sinnen durch das Haus.“ Mit ähnlich offenen Sinnen hatte Lemke schon zum Amtsantritt die Kaffee-Becher als kulturlose Relikte der 68-er Revolte identifiziert und durch Tassen mit Untertassen ersetzen lassen. In der Kantine gibt es übrigens Becher mit Untertassen, eine Art Kompromiss.
Zurück zum Streit um Hackepeterbrötchen: Die Kantinenkraft hält die Regelung mit den fest verschlossenen Tupperdosen für keineswegs praktikabel: „Wie soll ich denn verkaufen, wenn hier donnerstags eine Schlange steht?“ fragt sie verzweifelt. Kann es sein, dass aus schierem Protest nun donnerstags alle Untergebenen von Lemke Hackepeterbrötchen essen wollen? Immerhin verbreitet sich im Hause des Bildungssenators ein neuer Spitzname: „Kleine Zwiebel“ wird der Senator genannt, jedenfalls wenn er nicht gerade mit offenen Sinnen im Flur steht.
K.W.
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