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Neues aus der Kerk

■ Die St.-Pauli-Kantorin Sigrid Bruch präsentierte eine Bremer Erstaufführung

Bachs Weihnachts-Oratorium alle Jahre wieder? Jein. So begrüßenswert es ist, nach Alternativen zu suchen, die in der Literatur ausreichend vorhanden sind, so verständlich ist es, dass auf dieses große Werk immer wieder zurückgegriffen wird. Aber fein, wenn nicht wie üblich die Kantaten 1-3 gesungen werden, sondern der Zyklus 4-6, der die Zeit nach Weihnachten – am Neujahrstag, Sonntag nach Neujahr und Epiphanisfest (also vom 25. Dezember bis zum 6. Januar) – streng liturgisch behandelt. Noch besser, wenn man es koppelt mit nahezu unbekannter, gleichwohl kräftiger, auch innovativer Kirchenmusik. So geschehen jetzt in der St.-Pauli-Kirche in der Bremer Neustadt.

St. Pauli verfügt über eine der fünf kirchenmusikalischen A-Stellen. Die Kantorin Sigrid Bruch hatte 1998 ihr 25jähriges Dienstjubiläum (die Kantorei selbst besteht seit 1898). Aus der Neustadt kam nie Spektakuläres, aber immer zuverlässig Erstklassiges. Sigrid Bruch war eine der ersten in Bremen, die sich konsequent und ohne Kompromisse mit aufführungspraktischen Fragen beschäftigt und die entsprechenden MusikerInnen engagiert hat. Die Kantorei hat von dieser Selbstverständlichkeit nie etwas hergemacht: das verdient es, auch einmal gesagt zu werden. Viele viele Auslandseinladungen sind ein Außenspiegel, zahlreiche musikalische, auch kammermusikalische und solistische Aktivitäten sind ein viel beachteter Innenspiegel.

Nun also erklang vor dem Werk von Bach ein ungemein spritziges Gloria von dem „Londoner“ Bach, dem Sohn Johann Christian. Die dramatisch pulsierende Bremer Erstaufführung eines „Te Deums“ von Johann Adolf Hasse erinnerte daran, dass der Hamburger Hasse in seiner dreißigjährigen Tätigkeit am Dresdner Hof einer der wichtigsten Opernkomponisten seiner Zeit war: leider wirkten noch manche Chorstellen so eben buchstabiert. Das war nicht mehr der Fall in der Wiedergabe des Weihnachtsoratoriums, mit der die St.-Pauli-Kantorei wieder einmal einen guten und homogenen Eindruck machte. Sie hatte die adäquate Untersützung durch die transparente Klangfarbenpracht des historischen Orchesters „Les Enchantants“, dessen Konzertmeisterin nach ihrem Solo ein spontanes „Bravo“ ernten konnte.

Viel Beifall nach einer engagierten und kompetenten Aufführung, in der die SolistInnen Renate Germer, Jan Kollmar, Carsten Lau und Marek Rzepka die Akzente setzten. Ute Schalz-Laurenze

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